faz.net - VON STEPHAN LÖWENSTEIN, PRESSBURG / 21. 08. 2019
"Wir unterstützen die Sanktionen gegen Russland"
Die slowakische Präsidentin ist eigentlich Rechtsanwältin. Bild: EPA
Die slowakische Präsidentin Zuzana Čaputová warnt im Interview vor einer Einflussnahme in Europa durch russische Fake News. Ihr Land selbst könne bezeugen, dass es solche Aktivitäten wirklich gibt.
Frau Präsidentin, Sie sind im Frühjahr überraschend als Kandidatin einer Partei, die noch gar nicht im Parlament vertreten ist, zum Staatsoberhaupt gewählt worden. Seit Juni sind Sie im Amt. Woran liegt es, dass die slowakischen Wähler mehrheitlich Ihnen vertraut haben und nicht dem Kandidaten der Regierungspartei Smer, obwohl die nach wie vor in allen Umfragen weit vorne liegt?
Es war ein unwahrscheinlicher Sieg. Mein Bekanntheitsgrad lag anfangs auf 12 Prozent. Es gab Gegenkandidaten, die hatten 100 Prozent. Es war aber auch ein Ergebnis einer Entwicklung.n dem Journalist Als Rechtsanwältin entstamme ich einem Milieu des Rechts und der Gerechtigkeit. Nach dem Mord an dem Journalisten Ján Kuciak war der Wunsch im Volk nach Recht und Gerechtigkeit sehr stark. Außerdem ist meine Herangehensweise, um Probleme zu lösen, auf Verständnis und Kompromiss angelegt. Ich will sachlich bleiben, und auf den Inhalt konzentriert. Ich will nicht persönliche Animositäten in den Vordergrund stellen. Auch das haben die Menschen gewählt.
Wenn dies Ausdruck einer gesellschaftlichen Entwicklung ist, wie nachhaltig ist sie? Ist sie mehr als ein kurzzeitiger Reflex auf die Ermordung des jungen Paars Ján Kuciak und Martina Kušnírová?
Es ist eine grundsätzliche Veränderung in der Bevölkerung, die nach diesem Mord erwacht ist. Man konnte beobachten, wie der Schneeball ins Rollen kam. Auch meine Entscheidung, in der Präsidentschaftswahl anzutreten, hing damit zusammen. Ich habe mit Ján früher zusammengearbeitet. Ich denke, dass die Gesellschaft sich nach Gerechtigkeit gesehnt hat, nachdem das passiert ist.
Wenn ein Journalist wegen seiner Arbeit ermordet wird, wie das offenbar bei Jan Kuciak der Fall war, dann stellt das die denkbar schwerste Bedrohung der Pressefreiheit dar. Die Spuren der Täter führen in ein Geflecht aus organisierter Kriminalität und Politik. Kann sich das Land aus eigener Kraft aus diesem Dickicht befreien?
Das war wirklich ein Exzess. Aber ich habe Vertrauen in die Ermittler. Nach den konkreten Teilergebnissen bin ich zuversichtlich, dass wir als Land in der Lage sein werden, den Weg da heraus zu finden. Es ist aber auch wichtig, dass Institutionen aus dem Ausland diesen Prozess begleiten.
Welche Institutionen?
Ausländische Medien zeigen immer noch Interesse an diesen Ermittlungen, denn es war ein Kollege, der ermordet worden ist. Dann ist da das Europäische Parlament, das Mitglieder eines Ausschusses in die Slowakei geschickt hat.
Was können Sie als Präsidentin bewirken?
Ich muss die Unabhängigkeit der Ermittler und der Staatsanwaltschaft berücksichtigen. Es besteht aber der Verdacht, dass hochgestellte Beamte und politische Repräsentanten verwickelt waren. Als Politikerin und Staatspräsidentin kann ich Stellung nehmen, Einfluss auf die Öffentlichkeit ausüben und mein Interesse zeigen. Aber es gibt auch anständige Leute in den Reihen der Polizei und Staatsanwaltschaft. Ihnen muss ich mein Vertrauen zeigen und sie dadurch unterstützen. Als Rechtsanwältin habe ich mich sehr lange den Problemen in der Zusammenarbeit zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz gewidmet. Natürlich gibt es da noch Möglichkeiten zur Verbesserung. Dazu kann ich durch meine Stellungnahmen beitragen.
Sie haben auch die Befugnis, neue Richter oder den Generalstaatsanwalt zu ernennen. Wollen sie das aktiv und gezielt ausüben?
Eindeutig Ja. Das ist eine der stärksten Befugnisse des Präsidenten der Slowakei. Natürlich muss ich mich dabei im Rahmen der Verfassung bewegen.