Handelsblatt / 03. 02. 2019
Maroš Šefčovič, Vizepräsident der EU-Kommission, will sich im März bei den Wahlen gegen 16 andere Kandidaten behaupten und neues Staatsoberhaupt werden.
Maroš Šefčovič -
Der 52-Jährige ist einer der dienstältesten Kommissare in Brüssel und für die Energiepolitik verantwortlich.
(Foto: dpa)
WienAn Ehrgeiz hat es Maroš Šefčovič noch nie gefehlt. Zunächst bewarb sich der 52-jährige EU-Kommissar für die Energieunion für die Spitzenkandidatur der Sozialdemokraten bei der Europawahl im Mai, verzichtete aber später zugunsten seines niederländischen Kommissionskollegen Frans Timmermans. Denn er hatte keine Chance auf Erfolg.
Anschließend hoffte der Hüne mit dem breiten Lächeln darauf, von der slowakischen Regierung nach der Wahl erneut als EU-Kommissar entsandt zu werden. Es wäre bereits seine dritte Amtszeit. In der Brüsseler Behörde war er zunächst für Bildung, dann für die Verwaltung und seit 2014 als Vize-Präsident der EU-Kommission für die Energiepolitik verantwortlich.
In Brüssel und beim deutschen Wirtschaftsminister Peter Altmaier ist er durchaus angesehen. Doch nun bewirbt sich Šefčovič um die Nachfolge des slowakischen Präsidenten Andrey Kiska. Am 17. März wählt das osteuropäische Land ein neues Staatsoberhaupt. Die Chancen des in der Hauptstadt Bratislava (Pressburg) geborenen Diplomaten und Politikers von der sozialdemokratischen Regierungspartei Smer-SD stehen nach den jüngsten Umfragen ganz gut.
Nach einer Umfrage eines slowakischen Meinungsforschungsinstituts liegt er mit 16,5 Prozent gleichauf mit dem Chemiker Robert Mistrik von der liberalen und größten Oppositionspartei Sloboda a Solidarita (Freiheit und Solidarität). Insgesamt treten 16 Kandidaten gegeneinander an. In Bratislava wird von einer Stichwahl ausgegangen – wie bereits vor fünf Jahren, als sich der parteipolitisch unabhängige Kiska gegen den damaligen Ministerpräsidenten Robert Fico (Smer-SD) im Duell durchgesetzt hatte.
Šefčovič zählt zu den dienstältesten Kommissaren in Brüssel. Der promovierte Jurist begann seine Karriere im diplomatischen Dienst der damals jungen Slowakei nach der Aufspaltung der einstigen Tschechoslowakei.
Nach dem EU-Beitritt der Slowakei war er der ständige Vertreter bei der EU in Brüssel und wirkte beim Beitritt seines Landes zur Europäischen Währungsunion und zum Schengen-Abkommen maßgeblich mit. 2018 wurde er von der Paneuropäischen Universität in Bratislava, Slowakei, mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet.
Seine Aufgabe als Energiekommissar nimmt er auch privat ernst. Sein Haus in der slowakischen Hauptstadt hat er mit einem Solardach ausgerüstet. "Solarenergie ist die beste Lösung für alle Bedürfnisse. Es gibt dir ein gutes Gefühl, wenn deine Energie sauber produziert wird", sagt der Politiker. Die Präsidentschaftswahl in der Slowakei gilt als Test für die langjährige Regierungspartei Smer-SD, für die Šefčovič ins Rennen geht.
Nach dem Auftragsmord am Journalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten im Februar vergangenen Jahres in der Nähe von Hauptstadt Bratislava kam es zu Massenprotesten. Die Demonstranten warfen der sozialdemokratischen Regierung Verbindungen zur organisierten Kriminalität vor. In Folge der Proteste kam es zu einer Regierungsumbildung.
Der 43-jährige Peter Pellegrini löste im März 2018 den Smer-Gründer Robert Fico als Ministerpräsident ab. Auch wenn der Präsident in der Slowakei nur repräsentative Aufgaben hat, wäre ein Sieg von Šefčovič ein wichtiger Etappensieg für die Sozialdemokraten – nicht zuletzt für die Europawahl im Mai.