diepresse.com, 07.08.2015 | von Patrick Baldia (Die Presse)
Stabile wirtschaftliche Rahmenbedingungen und ein modernes Grundbuch – die Slowakei findet bei Investoren Gefallen.
Die Slowakei ist im Vorjahr wieder in den Fokus von Immobilieninvestoren gerückt. Mit einem Transaktionsvolumen von knapp 600 Millionen Euro – einem Plus von rund 50 Prozent gegenüber 2013 – konnte das beste Ergebnis seit 2006 verzeichnet werden. "Der Markt ist für Investoren eine attraktive Alternative in der CEE-Region geworden", heißt es in einem aktuellen Report des Immobiliendienstleisters Jones Lang Lasalle. Als heißeste Assetklassen werden Industrieimmobilien sowie im zentralen Geschäftsbezirk von Bratislava gelegene Büroobjekte ausgemacht.
Stabile Rahmenbedingungen
"Vor allem in Bratislava ist derzeit viel los. Die Preise steigen erstmals seit 2009 wieder und befinden sich jetzt auf einem Niveau, bei dem man zuschlagen kann", sagt Markus Arnold, Geschäftsführer Arnold Immobilien. Das auf Investments spezialisierte Unternehmen hat vor Kurzem eine Niederlassung in Bratislava gegründet, nachdem man bereits seit zwei Jahren auf dem slowakischen Markt aktiv war. Für den Experten spricht einiges für die Slowakei – allen voran die stabilen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (BIP-Prognose 2015: 2,8 Prozent). "Hinzu kommt ein gut geführtes, modernes Grundbuch, einer der wesentlichen Gründe, dass sich Investoren mit dem Markt beschäftigen", so Arnold.
Wie auch in Tschechien vermittelt Arnold Immobilien in der Slowakei zu zwei Dritteln Gewerbeimmobilien. "Wir beschäftigen uns überwiegend mit Büroimmobilien, aber auch mit Retail, Wohnen und Logistik", so der Experte. Letzteres Segment würde nicht zuletzt durch den geplanten Ausbau der Transibirischen Eisenbahn interessant werden.
Laut Arnold zeichnen österreichische Investoren für rund ein Fünftel des im Vorjahr gemessenen Transaktionsvolumens verantwortlich. Geschätzt würden die Nähe zu Wien, die Überschaubarkeit des Marktes und die Möglichkeit, eher kleinere Liegenschaften mit Renditen von sieben bis zehn Prozent zu erwerben. Die Preise für Zinshäuser liegen bei rund zwei Millionen Euro, was vor allem für Privatinvestoren interessant ist. Im Fokus seiner Kunden – dazu zählt er auch institutionelle Investoren, die sich eher für größere Volumina interessieren – stehen vor allemneue, fertige – und damit auch "kopfwehfreie" – Immobilien in Bratislava mit großen Ankermietern, "die über die kommenden zehn bis 15 Jahre gehalten werden können".
Im Bürosegment liegt die Leerstandsrate in Bratislava insgesamt derzeit bei knapp zwölf Prozent. Etwas geringer fällt sie mit rund neun Prozent in zentralen Innenstadtlagen aus, etwas höher mit 13,5 Prozent in den Außenbezirken. Bei der CA Immo zeigt man sich mit der Auslastung in zwei unternehmenseigenen, miteinander verbundenen Bürogebäuden zufrieden. Wie Markus Kuttner, Leiter Asset Management CEE, berichtet, liegt die Leerstandsrate im 2012 fertiggestellten Bratislava Business Center 1 Plus derzeit bei 97 Prozent. Das 1999 erworbene "Bratislava" hingegen wird gerade refurbished, weshalb 40 Prozent der Flächen leer stehen.
Rekordvolumen in Bau
Mit 1,5 Millionen Quadratmetern ist der Büroflächenbestand in Bratislava eher klein. Zum Vergleich: In Warschau sind es 4,5 Millionen Quadratmeter. Laut CBRE können 60 Prozent der Bürogebäude, die sich großteils in den Innenstadtlagen der slowakischen Hauptstadt befinden, der A-Klasse zugerechnet werden, die restlichen 40 Prozent der B-Klasse. Derzeit befindet sich ein Rekordvolumen von 174.400 Quadratmetern in Bau, das in den nächsten drei Jahren fertiggestellt werden soll. CBRE zufolge sind davon rund 32 Prozent bereits jetzt vorvermietet. Heuer werden allerdings – ähnlich wie in Wien – nur wenige neue Büroflächen auf den Markt kommen. Hervorzuheben ist hier die erste Bauphase der Twin City mit 16.600 Quadratmetern. Das Büroprojekt von HB Reavis soll in den kommenden Jahren in mehreren Phasen auf bis zu 64.200 Quadratmeter erweitert werden. "Büro-Developer gehen derzeit oft vorsichtig vor und entwickeln größere Flächen – angepasst an die Marktnachfrage – inmehreren Bauphasen", umschreibt Kuttner die aktuelle Strategie vieler Marktplayer in Bratislava.
"Die Schere zwischen neuen modernen Flächen und älteren wird in Zukunft weiter auseinandergehen", so Kuttner. Gebäude, die den von den Mietern erwarteten Standard – was Haustechnik und effiziente Grundrisse betrifft – nicht erfüllen, würden es zunehmend schwer haben. Insgesamt ist der Büromarkt in Bratislava relativ stabil, weshalb Experten davon ausgehen, dass die Mietpreise – auch wenn mehr neue Flächen auf den Markt kommen – nicht steigen werden. Die Spitzenmieten für zentrale Geschäftslagen liegen in Bratislava derzeit bei rund 15 Euro pro Quadratmeter, die Spitzenrenditen bei sieben Prozent.
INFO
Auf dem slowakischen Investmentmarkt für Gewerbeimmobilien wurde im Vorjahr ein Transaktionsvolumen von knapp 600 Mio. Euro verzeichnet. 2015 erwarten die Experten von Jones Lang Lasalle einen weiteren Zuwachs auf rund 450 Mio. Euro. Besonders interessant sind Industrieimmobilien sowie Büroimmobilien im zentralen Geschäftsviertel von Bratislava.