Wirtschafts Blatt / 15.9.2014
Tschechien und Slowakei wachsen schneller
Konjunkturbarometer. Tschechiens Exporte haben im Juli im Vergleich zum Vorjahr um 18 Prozent zugelegt, die Frühindikatoren sind vielversprechend. Die Slowakei dürfte heuer etwas rascher wachsen, kämpft aber mit hoher Arbeitslosigkeit und einem spürbaren regionalen Gefälle.
Prag/Bratislava. Die Wirtschaft der Tschechischen Republik ist nach zwei rezessiven Jahren in Folge heuer erstmals wieder auf einen Wachstumspfad zurückgekehrt. Die Experten des Internationalen Währungsfonds (IWF) schreiben dies in ihrer Anfang September veröffentlichten Analyse vor allem dem kräftigen Exportwachstum zu. Zunehmend unterstützen auch die privaten Konsumausgaben die Konjunktur. Die ungefähr halb so grosse Wirtschaft der Slowakei soll indessen nach einem moderaten Rückgang der Zuwachsrate im Vorjahr nun ebenfalls wieder schneller expandieren.
Die Entwicklung der tschechischen Exporte hat mit Sicherheit zur Stabilisierung der Wirtschaft beigetragen. Im Juli haben die Ausfuhren im Vergleich zum Vorjahr um 18,3 Prozent zugelegt, wie in der Vorwoche publizierte Daten des nationalen Statistikbüros zeigen. Die aktive Geldpolitik der tschechischen Notenbank hat der Exportwirtschaft zweifellos geholfen: Im November führte sie eine künstliche Abwertung der Krone herbei und kündigte gleichzeitig an, mit Deviseninterventionen den Wechselkurs auf zumindest 27 Kronen je Euro stabilisieren zu wollen.
Diese monetäre Freiheit geniesst die Slowakei nicht, denn dort hat man vor fünf Jahren die Gemeinschaftswährung eingeführt. Ohne geldpolitische Hilfe haben die slowakischen Exporte im Juli daher nur um 1,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zugelegt, die Importe sind im selben Zeitraum aufgrund der schwachen Binnennachfrage sogar um 4,2 Prozent gesunken.
Defizitverfahren verlassen
Das Exportwachstum beider Nationen lässt sich jedenfalls auch an den Leistungsbilanzen ablesen. In der Slowakei weitet sich der Überschuss heuer auf 2,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) aus, Tschechien kommt erstmals wieder in die Nähe einer ausgeglichenen Leistungsbilanz, nachdem die vergangenen Jahre von einem deutlichen Importüberhang geprägt waren.
Beide Länder konnten überdies aufgrund des Sparkurses das europäische Defizitverfahren verlassen. In Tschechien soll das Budgetdefizit heuer 2,8 Prozent des BIP betragen, strukturell – also mit Ausnahme der konjunkturellen Effekte – seien es sogar nur 1,3 Prozent, schreiben die Experten des IWF. Die Slowakei droht hingegen wieder in den roten Bereich zurückzufallen: 3,8 Prozent Haushaltsdefizit sind für heuer prognostiziert.
Was die beiden Volkswirtschaften heute deutlich unterscheidet, ist die Arbeitslosigkeit. Die Arbeitslosenquote ist in der Slowakei mit 13,9 Prozent doppelt so hoch als in der Tschechischen Republik. Das belastet das Budget und führt zu erheblichen Outputlücken. Die Ursache dieses Problems wurzelt im regionalen Gefälle. Während in der Westslowakei hohe Standards vorherrschen, leidet der Osten an Armut und mangelhafter Infrastruktur.
Ausblick positiv
Hier ortet der IWF auch die grösste Schwachstelle der slowakischen Wirtschaft. Der Fonds rät deshalb zu verstärkten Investitionen und der Schaffung von Arbeitsplätzen. Der Ausblick sei aber positiv, die Wirtschaft dürfte in diesem Jahr um 2,4 Prozent wachsen, danach um 2,7 Prozent.
Der Ausblick für Tschechien sei hingegen etwas "trüber". Hier führen die Experten des IWF geopolitische Spannungen und mangelnden Reformeifer ins Treffen. Das Wachstum soll 1,9 Prozent betragen, die Frühindikatoren seien aber vielversprechend. Industrieproduktion und Einzelhandelsumsätze stiegen im Juli an, die Bauwirtschaft war dagegen rückläufig – genauso, wie in der Slowakei.