news02elf, 5. August 2014
Slowakische Opfer des westlichen Handelskrieges gegen Russland
Dusan Kerny, Kommentator der Zeitung "Slovenske narodne noviny", berichtet über die Stimmung in Bratislava:
Vorerst sprechen wir nicht von einem Wirtschaftskrieg zwischen der EU und Russland. Eher geht es um einen Bumerang-Effekt. Am 1. August, dem Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkrieges, führte die EU ihre antirussischen Sanktionen ein. Bei uns versuchte man sofort, deren Folgen zu prognostizieren. Die Meinungen gehen auseinander. Regierungschef Robert Fico glaubt, die Slowakei werde diese Folgen indirekt zu spüren bekommen, wenn die Restriktionen jene deutschen, französischen, italienischen und weiteren Unternehmen im Westen treffen, die mit Russland Handelsgeschäfte haben. Dadurch werden Aufträge an slowakische Firmen automatisch zurückgehen.
Das slowakische Wirtschaftsministerium hat die möglichen Folgen der Sanktionen bereits analysiert, die Ergebnisse aber noch nicht veröffentlicht. Manche Unternehmen schlagen aber bereits Alarm. Der in Krupina ansässige Bagger-Hersteller Hontianske Strojárne ist in Russland gut bekannt. Die Kooperation dauert seit Jahrzehnten. Doch nun muss sie allem Anschein nach gestoppt werden, und zwar wegen des Verbots, Dual-Use-Güter an Russland zu liefern.
Auch das in Bratislava ansässige mittlere Unternehmen АВC Klíma wird wahrscheinlich auf seine Geschäfte mit Russland verzichten müssen. Es liefert Klimaanlagen, darunter auch für Krankenhäuser. Die Firma hat einen grossen Umsatz, aber auch gewisse Schwierigkeiten. Ein bereits vereinbarter Vertrag mit Russland im Wert von 8,5 Millionen Euro sollte ihr helfen, diese Schwierigkeiten zu meistern. Doch nun verliert die Firma diesen Vertrag und wird wohl Pleite gehen. Mehr als 100 Mitarbeiter werden ihren Job verlieren.
Die russische Sberbank hat ein Tochterunternehmen in der Slowakei, das ist eine der grössten Kreditanstalten hierzulande. Die Bank hat dem Stromversorger Slovenské Elektrárne einen beispiellosen Kredit in Höhe von 870 Millionen Euro gewährt. Nun ist die Bank von Sanktionen bedroht. Das wäre für uns eine richtige Katastrophe. Der stellvertretende Aussenminister sagte allerdings kürzlich, es werde offenbar gelingen, das schlimmste Szenario in Bezug auf die slowakische Sberbank-Tochter zu vermeiden.
Es steht in der Sternen, wie lange dieser Wirrwarr mit Sanktionen noch dauern wird. Immer mehr Slowaken sind verärgert und kritisieren die USA und die EU. Die Menschen verstehen nicht, warum sie für die Ukraine-Krise zahlen müssen, wobei es nicht klar ist, wer diese Krise provoziert hat. Wie die slowakische Zeitung "Pravda" feststellt, bewahrt Russland einen kühlen Kopf und hat auf die Sanktionen vorerst nicht reagiert. Sobald seine Geduld aber erschöpft ist, wird Europa die russischen Gegenmassnahmen im Sinne der Sanktionen zu spüren bekommen.