Die Presse.com,05.06.2011 | 18:10 | von CHRISTOPH THANEI (Die Presse)
Slowakei vor Einführung einer Bankensteuer
Die Hälfte des Bankensektors ist in heimischer Hand. Die Höhe der Abgabe soll sich auf 0,2 Prozent der Bilanzsumme belaufen.
Bratislava. Die slowakische Bankensteuer, die Finanzminister Ivan Mikloš schon vor zwei Monaten im "Presse"-Interview angekündigt hat, nimmt konkrete Formen an: Ein entsprechender Gesetzesentwurf ist bereits in Begutachtung. Und könnte – nach Zustimmung der Regierung – noch im September dem Parlament vorgelegt werden, um ab 1.Jänner 2012 in Kraft zu treten.
Der slowakische Bankenverband zeigt sich erwartungsgemäss alles andere als begeistert: "Für eine individuelle Einführung einer Bankensonderabgabe in der Slowakei sehen wir derzeit keine anderen Gründe als politische und budgetäre", liess der Verband wissen. Kritisiert wird, dass es keine klaren Regeln für die Verwendung der Mittel, die aus der Bankensteuer stammen sollen, geben wird. Die Steuer könne nicht nur den Gewinn der Banken schmälern, sondern auch ihre Stabilität gefährden, warnen die Banker.
Nach dem Willen des Finanzministers soll die Steuer aber gerade dazu dienen, den Finanzmarkt zu stabilisieren. Die eingehobene Abgabe solle nicht im Budget versickern, sondern auf ein eigenes ausserbudgetäres Konto eingezahlt werden. Dieses soll allerdings sehr wohl zu den staatlichen Aktiva hinzugerechnet werden.
Keine Hilfspakete für Institute
Die Höhe der Abgabe soll sich auf 0,2 Prozent der Bilanzsumme (abzüglich bestimmter Positionen, etwa Einlagen) belaufen. Anhand der Daten vom Jahresende 2010 ergebe das laut Finanzministerium einen Betrag von rund 51Mio. Euro. Das entspreche derzeit etwa acht Prozent des Bankengewinns vor Steuern.
Die geplante Bankensteuer würde auch österreichische Institute treffen: Denn die Hälfte des slowakischen Bankwesens ist in österreichischer Hand. Die Slovenská sporitelňa als grösste slowakische Bank gehört der Erste Bank. Die Nummer drei des Landes, die Tatra banka, ist eine Tochter von Raiffeisen.
Der slowakische Bankenverband kritisiert, dass die geplante slowakische Steuer schmerzhafter sei als jene in Österreich, bei der die Banken 500 Mio. Euro zahlen müssten. Dass die slowakischen Banker wenig Grund für eine Sonderabgabe zum Schutz vor künftigen Krisen sehen, hat auch damit zu tun, dass die slowakischen Banken im Europa-Vergleich äusserst gesund dastehen: Die Slowakei gehörte zu den wenigen EU-Ländern, die im Zuge der internationalen Finanzkrise im Jahr keine Hilfspakete schnüren mussten.
Die grossen slowakischen Banken waren schon zur Jahrtausendwende in einem riesigen Kraftakt saniert worden, ehe man sie an ihre nunmehrigen Mutterbanken verkaufte.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2011)