Wiener Zeitung, 23. Januar 2008
Slowakei: Der Osten soll Innovationskrise abwenden
Von WZ-Korrespondentin Carola Palzecki
Innovationsstätten liegen fernab von Bratislava.
Neuentwicklungen für Kfz in Zilina
Bratislava. Besucher von Bratislava sind immer wieder entzückt, wenn sie
durch die malerischen Gassen der slowakischen Hauptstadt schlendern. Sie nehmen
den Zustand der Stadt als Beleg für den Wirtschaftsboom im Nachbarland.
Das, was die Touristen sehen, hat allerdings nur noch wenig mit Zukunftsträchtigkeit
der Stadt zu tun. Denn der Lebensstandard in Bratislava ist so hoch, dass die
Stadt schon seit langem nicht mehr mit Fördergeldern der EU rechnen kann.
Bratislava mag zwar hübsch anzusehen sein – Innovation findet, wenngleich
erst allmählich sichtbar, aber an ganz anderen Orten in der Slowakei
statt. Zilina, Zvolen, Presov oder der unweit von Kaschau gelegene Industriepark
Kechnec sind kennzeichnend für diese Entwicklung.
Diesen Trend will die seit Sommer 2006 amtierende Regierung von Ministerpräsident
Robert Fico verstärken. Im Mai legte das Kabinett ein Papier vor, wonach
aus der inzwischen gar nicht mehr so tristen Mittel- und Ostslowakei eine
florierende Wissenslandschaft werden soll.
Massgeblich für dieses Konzept verantwortlich zeichnet der Europaabgeordnete
Vladimír Manka. Er stammt aus Zvolen, das in jüngster Zeit dank
der Zusammenarbeit der örtlichen Behörden und der Technischen Universität
mit Wirtschaft und Industrie einen rasanten Aufschwung erlebt. Ein sichtbares
Zeichen für die Orientierung der Innovationsstätte weg von Bratislava
wurde etwa mit dem aufwendigen Umbau der staatlichen wissenschaftlichen Bibliothek
in der Universitätsstadt Presov gesetzt.
EU-Statistik bescheinigt Aufholbedarf
Allerdings steckt Innovation in der Slowakei immer noch in den Kinderschuhen.
Dies wird auch immer wieder in Brüssel bemängelt. Und so ist die
Slowakei nach einer neuen Statistik innerhalb der EU zwar der drittbeste Staat,
wenn es um Wettbewerbsfähigkeit geht, die Slowaken rangieren in puncto
Innovation aber immer noch unter ferner liefen.
Die wichtigsten Branchen, in denen sichtbar werden soll, was die Regierung
plant, sind Kfz-Industrie und Energieerzeugung. An der Universität im
nordslowakischen Zilina und im Industriepark Kechnec wird an Neuentwicklungen
für die Fahrzeugfertigung gewerkelt.
Isländer als Vorbild: Geothermie zum Heizen
In der zweitgrössten slowakischen Stadt Kaschau wurden zuletzt drei
Versuchsstationen für Geothermie eingerichtet. Dort wird getestet, wie
sich der regenerative Energieträger Erdwärme am günstigsten
nutzen lässt.
Als Vorbild fungieren die Isländer: Das slowakische Wirtschaftsministerium
verhandelt mit dem isländischen Unternehmen Enex darüber, wie sich
die Geothermie zu Heizzwecken grossflächig in der Ostslowakei einsetzen
liesse. Ausserdem sind die Isländer in ein Projekt in der südslowakischen
Stadt Galanta involviert.