15.11.2007 | 18:15 | Von CHRISTOPH THANEI (Die Presse)
Europa-Geld für Energie-Effizienz
Slowakei bekommt 75 Mio. Euro zur Bekämpfung der Energieverschwendung.
BRATISLAVA. Bis vor wenigen Jahren schien alles einfach: Im staatlichen Atomkraftwerk Jaslovske Bohunice wurde elektrischer Strom in grossen Mengen und relativ günstig produziert– und konnte in den kaum isolierten Plattenbauten sorglos zum Fenster hinausgeheizt werden. Das mit dem Fenster ist wörtlich zu nehmen: Die meisten Heizkörper in den realsozialistischen Wohnungen hatten nicht einmal einen Drehknopf zur Temperatursenkung. Wenn es in der Wohnung zu warm wurde, war noch in den 90er Jahren das Öffnen von Fenstern die selbstverständlichste Gegenmassnahme.
Der Beitritt des Landes zur Europäischen Union mit 1. Mai 2004 hat die schon vorher dramatische Veränderung der Rahmenbedingungen noch zusätzlich beschleunigt. Nicht zuletzt auf österreichischen Druck musste sich die Slowakei im Beitrittsvertrag ausdrücklich zur Schliessung der beiden ältesten Bohunice-Reaktoren verpflichten. Einer wurde Ende 2006 vom Netz genommen, der zweite muss Ende 2008 stillgelegt werden. Dafür erhielt das Land finanzielle Kompensationen zugesichert. Im April wurde zwischen dem slowakischen Wirtschaftsministerium und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) eine Durchführungsvereinbarung unterzeichnet, die einen Kreditrahmen von 60 Mio. Euro vorsieht sowie ein Fördervolumen von weiteren 15 Mio. Euro aus dem von mehreren EU-Ländern gespeisten Spezialfonds für die Bohunice-Schliessung.
Kredite für den Wohnbau
Diese Woche präsentierten sich Vertreter der EBRD und der vier zur Verteilung an die Endkunden ausgewählten slowakischen Banken erstmals gemeinsam der Öffentlichkeit. Je ein Viertel des Kreditvolumens bekommen die drei grössten Banken des Landes, Slovenská Sporitelna (Tochter der Erste Bank), Allgemeine Kreditbank VUB (italienische Banca Intesa) und Tatra banka (Tochter der österreichischen RZB), sowie die in der Slowakei kleinere, aber im internationalen Rahmen in Public Finance erfahrene Dexia-Bank zur Verteilung. Auf Anfrage der „Presse“ wollte keine der Banken ein konkretes Projekt für ihre Finanzierungspläne nennen, bevor die Verträge nicht abgeschlossen sind. Als Tendenz dominieren aber Kredite an Wohnbaugenossenschaften und Wohnungseigentümerverbände für Wärmedämmungs-Investitionen, nur die VUB will sich mehr um Energiesparmassnahmen in der Industrie kümmern.
Alle vier Banken sollen nach dem Prinzip von One-Stop-Shops auch die technische Assistenz für die finanzierten Projekte organisieren. „Dieses Programm ist sehr, sehr notwendig für die Slowakei“, konstatierte der EBRD-Wirtschaftsdirektor für Zentraleuropa, Peter Reiniger, mit Verweis auf die im internationalen Vergleich besonders schlechten Energie-Effizienz-Daten der Slowakei: Die Energieintensität der slowakischen Wirtschaft sei 3,75 Mal höher als im EU-Durchschnitt.