Wirtschafts Blatt, 25. Februar 2007
Auf „Mr. Flat Tax" folgt „Mister Euro"
Der slowakische Finanzminister
Jan Pociatek will die Modernisierung der Staatsver waltung vorantreiben
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Interview: Slowakei will sich bei Österreich Tipps für E-Government holen – Kein Einlenken beim Privatisierungsstopp – Slowakische Wirtschaft soll heuer rund neun Prozent wachsen
von Sissi Eigruber
Sein Vorgänger hat es durch die „Flat Tax" zu Berühmtheit gebracht. Der neue slowakische Finanzminister möchte sich durch die Einführung des Euro 2009 einen Namen machen.
WirtschaftsBlatt: „Die Zeitschrift ,Vanity Fair' hat Fotos von Österreichs Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser veröffentlich, auf denen er wie ein Modell posiert – zum Teil mit nacktem Oberkörper. Sie sind mit 36 Jahren ebenfalls ein sehr junger Finanzminister. Würde Sie auch so ein Fotoshooting machen?Jan Pociatek: Nicht unbedingt, aber ich denke, auch Finanzminister sind nur Menschen und können einmal etwas Lustiges tun. Ich habe damit kein Problem. Ich bin liberal und überhaupt nicht konservativ.
„Ihr Vorgänger, Ivan Miklos, hat sich als ,Mr. Flat Tax' einen Namen gemacht. Welchen Namen hätten Sie gerne?Mein Hauptaugenmerk liegt am Euro. Wir wollen 2009 der Währungunion beitreten. Das zweite wichtige Ziel ist die Entwicklung des E-Governments in der Slowakei. Österreich ist beim E-Government führend. Und drittens müssen wir den Staatssektor mit moderner Technologie ausstatten und effizenter machen.
„Werden Sie in Sachen E-Government mit Österreich zusammenarbeiten?"Es gab diesbezüglich ein Angebot Ihres ehemaligen Finanzministers und wir haben auch schon mit dem neuen Finanzminister darüber gesprochen. Wir möchten von dem bereits vorhandenen Know-how in Österreich und auch Estland profitieren.
„Für die Einführung des Euros müssen Sie die Maastricht-Kriterien erfüllen. Im Dezember betrug die Inflation in der Slowakei im Jahresvergleich aber noch 3,7 Prozent. Wie wollen Sie unter die vorgegebene Grenze von drei Prozent kommen?"Wir haben ein entsprechendes Staatsbudget fest-gelegt. Das ist die wesentlichste Grundlage. Laut unseren jüngsten Berechnungen sollte die Inflationsrate bis Ende 2007 auf unter 2,5 Prozent sinken. Wenn es keine wesentlichen Veränderungen bei den Ölpreisen gibt, werden wir das schaffen.
„Wie steht es um das Budgetdefizit?"Die endgültigen Zahlen für 2006 liegen noch nicht vor, aber das Budgetdefizit wird bei rund 3,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen.
„Wie lautet das Ziel für 2007?"Wir müssen unter drei Prozent kommen. Das Ziel sind 2,9 Prozent. Dabei sind die Kosten für die Reform des Pensionssystems – rund 20 Millionen Kronen (0,58 Millionen Euro) – aber schon inkludiert, die allein für 1,1 bis 1,2 Prozent verantwortlich sein werden. Unser Budget wird keinen zusätzlichen Inflationsdruck verursachen. Nun muss noch auf der monetären Seite darauf geachtet werden.
„Vergangenes Jahr legte die slowakische Wirtschaft um 8,2 Prozent zu. Wird das Wachstum in dem Tempo weitergehen?"Wir haben bei der Erstellung des Budgets mit einem BIP-Wachstum von mindestens 7,1 Prozent kalkuliert, aber es wird höher sein – wahrscheinlich 9 Prozent.
„Es gibt Experten, die vor einer Überhitzung der slowakischen Wirtschaft warnen..."Derzeit gibt es sicher keine Überhitzung.
„Der jetzige Regierungschef Robert Fico hatte vor der Wahl angekündigt, von der 19-prozentigen Flat Tax auf ein progressives Steuermodell umzustellen..."Es gab Anpassungen, aber keine grundlegende Änderung des Systems. Der Steuerfreibetrag für höhere Einkommen wurde linear gesenkt. Die Staffelung beginnt bei einem monatlichen Einkommen von 55.000 Kronen, bei 76.000 Kronen (2216 Euro) ist der Steuerfreibetrag dann gleich null. Die zusätzliche Steuerbelastung trifft also nur Leute mit hohem Einkommen. Zum zweiten haben wir – neben dem bisherigen Mehrwertsteuer-Einheitssatz von 19 Prozent – einen zweiten, nied-rigeren Satz von zehn Prozent für Arzneimittel und medizinische Produkte eingeführt.
„Das heisst, die Flat Tax bleibt bei 19 Prozent, oder werden Sie den Steuersatz weiter senken, so wie das Ihr Vorgänger geplant hatte?"Die Regierung plant derzeit keine weitere Reduktion der Steuer.
„Welche Pläne haben Sie sonst für die Slowakei?"Wir müssen die Pensionsreform abschliessen und der ganze Staatssektor muss effektiver arbeiten. Wir werden über die nächsten Jahre rund 60.00 Beschäftigte abbauen und die gesamte Verwaltung modernisieren. Dafür fehlt uns aber noch die nötige IT-Infrastruktur.
„Bleibt es beim totalen Privatisierungsstopp?"Strategische Unternehmen werden in nächster Zeit sicher nicht privatisiert.