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Die Welt, 28. April 2014
Europa leitet Gaslieferungen in die Ukraine um
Die EU-Kommission greift im russisch-ukrainischen Konflikt erstmals ein. Unter der Ägide Brüssels vereinbaren die Pipeline-Betreiber der Slowakei und der Ukraine Erdgas-Lieferungen von West nach Ost.
Von Daniel Wetzel
Die Ukraine bekommt von der EU-Kommission erstmals substanzielle Hilfe in ihrem Streit mit Russland.
Unter der Vermittlung Brüssels unterzeichneten die Pipeline-Betreiber der Ukraine und der Slowakei ein Abkommen über die Lieferung großer Erdgasmengen aus Westeuropa Richtung Ukraine.
Die slowakische Hauptstadt Bratislava feiert den
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso (l.) wird vom Präsidenten der Slowakei, Ivan Gasparovic, mit dem Orden des Weißen Doppelkreuzes ausgezeichnet. Neben den Feiern zum zehnten Jahrestag des slowakischen EU-Beitritts nahm Barroso an der Unterzeichnung eines Erdgas-Lieferabkommens mit der Ukraine teil.
Foto: AFP
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EU-Kommissionpräsident José Manuel Barroso sprach bei der Unterzeichnung des Abkommens in der slowakischen Hauptstadt von einem "Durchbruch". An der feierlichen Zeremonie nahm auch der slowakische Premierminister Robert Fico und der Energieminister der Ukraine, Juri Prodan, teil.
Energiesicherheit für ganz OsteuropaDas sogenannte Memorandum of Understanding sei "ein erster wichtiger Schritt, um die Gasbezugsquellen der Ukraine zu diversifizieren", sagte Barroso in Bratislava. Das Abkommen erhöhe zudem "die Energiesicherheit in Osteuropa sowie der Europäischen Union insgesamt".
Der Vorvertrag zwischen dem staatlichen ukrainischen Pipeline-Betreiber Ukrtransgas und der slowakischen EUstream sieht die kurzfristige Modernisierung der Pipeline-Verbindung "Vojany" zwischen beiden Ländern vor.
Dadurch könnten bereits ab Herbst dieses Jahres täglich 22 Millionen Kubikmeter Erdgas von Westen her in die Ukraine fließen. Pro Jahr ergäbe sich ein signifikante Lieferung von acht Milliarden Kubikmeter aus der Europäischen Union. Die Ukraine übernimmt dabei die entsprechenden Binnenmarktregeln der EU.
Der für Energie zuständige EU-Kommissar Günther Oettinger nannte das Abkommen über eine stärkere Verbindung zwischen den Energiemärkten der EU und der Ukraine einen "Meilenstein". Die Ukraine bekomme "Erdgas aus den EU-Mitgliedsstaaten zu fairen und transparenten Preisen".
In diesen Worten Oettingers verbirgt sich auch eine Spitze gegen die Energiepolitik Russlands.
Moskau hatte Erdgaslieferungen an die Ukraine in den vergangenen Wochen als Waffe im Streit über die Hoheitsrechte auf der Schwarzmeer-Halbinsel Krim missbraucht. Der russische Lieferant Gazprom hatte der Ukraine alle bisherigen Rabatte gestrichen und berechnet dem Land nun einen Preis, der deutlich über dem westeuropäischen Preisniveau liegt. Die Ukraine war bislang überwiegend von russischen Erdgaslieferungen abhängig.
Ukraine erhält Zugang zum globalen MarktDer Essener Energiekonzern RWE war das erste Unternehmen, das in der vorvergangenen Woche auf eigene Faust Erdgas-Lieferungen in Richtung Ukraine auf den Weg gebracht hatte. Dabei war der Konzern allerdings gezwungen, eine relativ kleine Pipeline-Verbindung über Polen zu nutzen.
Durch die Intervention Brüssels steht der Ukraine jetzt eine sehr viel größere Importkapazität zur Verfügung. Die EU-Kommission nannte Norwegen als ein mögliches Lieferland. Die neue Pipeline-Verbindung eröffne der Ukraine aber auch die Möglichkeit, per Tankschiff transportiertes Flüssig-Erdgas auf dem Weltmarkt zu kaufen und über die Hafenterminals der EU zu importieren.
Welcher Lieferant die neue Pipeline-Verbindung nutzt, wird sich in den kommenden Monaten in einem Ausschreibungsverfahren ergeben.
Nach den Worten von Kommissionspräsident Barroso belege die Vereinbarung "das starke Engagement der Europäischen Union zur Stärkung des ukrainischen Energiesektors". Die EU-Kommission hatte bereits in den vergangenen Wochen Kiew finanzielle Zusagen gemacht, die das Land in die Lage versetzen soll, seine Schulden gegenüber Moskau abzutragen.