Archiv - Politik / Gesellschaft
Wirtschafts Blatt, 22. September 2011
"Slawischer Tiger" zeigte der EU schon öfters die Zähne
Bratislava. Ausgerechnet in Athen wurde im April 2003 der Beitrittsvertrag mit der EU unterzeichnet und der Grundstein für den EU-Beitritt der Slowakei, der baltischen Staaten, Maltas, Polens, Sloweniens, Tschechiens, Ungarns und Zyperns am 1. Mai 2004 gelegt. Mehr als acht Jahre später sieht Athen bangen Blicks nach Bratislava, wo neben dem EU-Rettungsschirm auch die slowakische Regierung selbst an einem Veto der neoliberalen Koalitionspartei "Freiheit und Solidarität" (SaS) zu zerbrechen droht.
Doch auch die Jahre dazwischen waren nicht immer von Harmonie zwischen Bratislava und Brüssel geprägt. Während die Benesch-Dekrete und die umstrittenen Atomkraftwerke Bohunice und Mochovce immer wieder diesund jenseits des ehemaligen Eisernen Vorhangs für Sprengstoff sorgten, legte die Slowakei hingegen eine fabelhafte Wirtschaftsperformance hin. Mit einem Wachstum von 10,4 Prozent im Jahr 2007 bekam sie von der OECD den Spitznamen "slawischer Tiger" verpasst. Nach erfolgreicher Schulden- und Inflationsbekämpfung kamen im Mai 2008 die erlösenden Worte aus Brüssel: "Die Slowakei ist für die Einführung des Euro am 1. Jänner 2009 bereit," sagte der damalige EU-Währungskommissar Joaquin Almunia. Am Neujahrstag trat die Slowakei als erstes Land des früheren Ostblocks der Eurozone bei.
Mit einer Koalition aus Demokratischer und Christlicher Union, SaS, der christdemokratischen Bewegung und der Partei Most-Hid setzte letztes Jahr wieder ein raueres EU-Klima ein. Als einziges Euro-Mitgliedsland machte die Slowakei im letzten Sommer bei der Griechenland-Hilfe nicht mit. Schon im Wahlkampf hatte sich die spätere Ministerpräsidentin Iveta Radicova kämpferisch gezeigt: Es sei gegen die elementare Logik, dass "die arme Slowakei dem reichen Griechenland helfen soll."