Rauer Gegenwind für erfolgsverwöhnten Regierungschef
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Skandale bringen Sozialdemokraten Fico in die Defensive
Koalition heillos zerstritten.
Bratislava. (kb) Plötzlich heißt es für den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico durchhalten. Noch vor der Jahreswende galt es fast schon als ungeschriebenes Gesetz, dass der 45-jährige Sozialdemokrat die Geschicke in der Slowakei auch nach den Parlamentswahlen am 12. Juni bestimmen wird.
Die Nachrichten wurden von der Presseagentur der Slowakischen Republik (TASR) zur Verfügung gestellt.
Doch das Jahr 2010 hat für den Premier nicht gut begonnen. Die Koalition aus Ficos Smer-SD, der Slowakischen Nationalpartei von Ján Slota und L´S-HZDS ist in sich zerstritten, und nach den jüngsten Meinungsumfragen schließen Experten erstmals einen Machtwechsel nach den Wahlen nicht mehr aus. Vergangene Woche eckte Fico stark an, als er trotz "Bomben-Affäre" seinen Innenminister Robert Kalinák im Amt beließ. Zum Wochenauftakt musste er nach tagelangen Protesten von Lastwagenfahrern gegen die Einführung einer elektronischen Maut klein beigeben. Nicht zuletzt ist es dem Regierungschef noch nicht gelungen, den im April aufgeflogenen Emissionsquoten-Skandal ad acta zu legen.
Rote Macht bröckelt
"Die Slowakei ist rot", riefen die einen siegessicher, die anderen fassungslos, nachdem sich die Regierungskoalition Ende November bei den Regionalwahlen mit Ausnahme von Bratislava sämtliche Verwaltungsbezirke gesichert hatte. Die rechtskonservative Opposition schien am Ende ihrer Kräfte, nachdem sie schon im April ihre Präsidentschaftskandidatin Iveta Radicová nicht hatte durchbringen können. Doch Fico, der sich in den vergangenen Jahren vor allem darauf verstand, systematisch seine Macht auszubauen, und Anfang Dezember sogar siegesgewiss den Koalitionsvertrag für "abgelaufen" erklärte, wirkt zurzeit ungewohnt fahrig. Noch im November wurden Gerüchte laut, Fico müsse sich in der Smer-SD zunehmend mit "den Partei-Unternehmern aus Bratislava" arrangieren, zu denen neben der Europaabgeordneten Monika Flasíková-Benová auch Innenminister und Vize-Premier Robert Kalinák und Finanzminister Ján Pociatek gerechnet werden. Es sind denn wohl auch in erster Linie innerparteiliche Erwägungen, die Fico dazu bewogen, Kalinák die Stange zu halten, obwohl der Innenminister nach wie vor keine offizielle Erklärung dafür geliefert hat, wie am 2. Januar eine Sprengstoffprobe mit einem Zivilflugzeug vom ostslowakischen Poprad nach Dublin gelangen konnte.
Am Montag konnte Fico nur mit der Zusage einer deutlichen Senkung der Mehrwertsteuer auf Diesel die mehrtägigen Protesten von Lastwagenfahrern gegen die Einführung eines elektronischen Maut-Systems beenden. Zugleich musste der Premier, dem das Image als "Saubermann" vorauseilt, "Fehlbuchungen durch das schlecht eingestellte System einräumen". Tags darauf stellte sich heraus, dass der slowakische Staat als Folge des umstrittenen "Emissionsquotendeals, bei dem das Umweltministerministerium im Herbst 2008 zu einem Spottpreis Emissionsquoten an die Briefkastenfirma Interblue Group verkauft hatte, nicht nur um einen Erlös von rd. 75 Mio. Euro gekommen ist, sondern wohl auch auf einer Summe von 15 Mio. Euro sitzenbleibt, weil es Interblue Group seit Jahresende nicht mehr gibt. Davon aber erfuhr das Umweltministerium erst durch die Medien.
Die Opposition gewinnt in dieser Situation deutlich an Zuspruch. Rund 40 Prozent der slowakischen Wähler würden momentan einer Mitte-Rechts-Koalition den Vorzug geben.