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Ende der Privatisierung
Nach dem Verkauf der Slovenské Elektrárne an Enel gilt ab sofort ein Privatisierungsstopp.
BRATISLAVA/WIEN (tha/ku). Der Verkauf von 66 Prozent am staatlichen slowakischen Stromkonzern Slovenské Elektrárne (SE) an die italienische Enel ist seit Ende der Vorwoche rechtswirksam. Damit gilt ab sofort der von der Vierparteienkoalition des Christdemokraten Mikulás Dzurinda auf Druck der Opposition im Februar verkündete völlige Privatisierungsstopp. Vorübergehend war sogar umstritten gewesen, ob der Stopp nicht auch für bereits begonnene, aber noch nicht endgültig abgewickelte Privatisierungen gelten müsste.
Der Verkauf der SE-Mehrheit wäre der extremste Grenzfall gewesen: Der Kaufvertrag war schon im Februar 2005 unterzeichnet worden, nachdem Enel 2004 ein Ausschreibungsverfahren gewonnen hatte. Seitdem zogen sich aber die Detailverhandlungen. Wirtschaftsminister Jirko Malchárek sprach am Freitag von der "schwierigsten Privatisierung in der Geschichte der Slowakei". Wäre die SE-Privatisierung nicht noch im April abgeschlossen worden, hätte sie möglicherweise neu ausgeschrieben werden müssen. Mit Monatswechsel lief nämlich eine vertraglich vereinbarte Verhandlungsfrist aus.
Enel hat für das Aktienpaket 839 Mill. Euro bezahlt, bis 2013 sollen weitere zwei Mrd. Euro investiert werden. Zum SE-Konzern gehören die Atomkraftwerke in Mochovce und Jaslovské Bohunice. Die beiden älteren Reaktoren in Bohunice sollen laut Vereinbarung mit der EU heuer beziehungsweise bis 2008 stillgelegt werden. Gerade die Finanzierung dieser Stilllegung und der Entsorgung von Atomabfällen der weiter in Betrieb bleibenden Reaktoren gehörten zu den heikelsten Details bei den Verhandlungen.
Vor dem Privatisierungsstopp gerade noch geschafft hatte es der Flughafen Wien, der im Februar den Zuschlag für 66 Prozent an den Flughäfen Bratislava und Kosice bekam. Aus der Bahn geworfen wurde hingegen der Verkauf der Cargo Slovakia - dafür war die ÖBB-Tochter RCA bereits von der Auswahlkommission als Bestbieter empfohlen worden. Gestoppt wurden auch der Verkauf von Fernsehsendern und der dritten Mobilfunk-Lizenz.
Der nun geltende Privatisierungsstopp ist in den Augen von Beobachtern allerdings nur temporär. Nach den Parlamentswahlen am 17. Juni schaue die Welt wieder anders aus, ist Heinz Sernetz, Vorstand von Raiffeisen Investment (RIAG), überzeugt. "Auch wenn die Opposition gewinnt, geht die Privatisierung ab dem dritten oder vierten Quartal weiter", sagt er im Gespräch mit der "Presse". Das Thema eigne sich eben gut zum Emotionalisieren - vor allem vor Wahlen.