ZDF - heute.de , 12. November 2013
Kunstwelt ohne Grenzen
von Alexandra Schröder
Es wird wohl die teuerste Cola-Flasche der Welt: Andy Warhols Gemälde "Coca Cola (3)" kommt bei Christie's in New York unter den Hammer - geschätzt auf 60 Millionen Dollar. Die Auktion ist ein Großereignis in einer Welt, die kaum noch Grenzen kennt.
Knallbunte Foto-Porträts und die Kunst der Werbung machten ihn berühmt: Andy Warhol, Gründer der amerikanischen Pop Art. Seine Heimat, die Slowakei, besuchte er nie - und doch ist er dort omnipräsent. (24.09.2013)
Das globale Geschäft mit der Kunst blüht. 6,27 Milliarden Dollar hat allein Christie's im vergangenen Jahr durch Auktionen und Privatverkäufe eingenommen, in diesem Jahr sieht es noch besser aus. "Der Boom betrifft den Handel mit Meisterwerken. Nach Beginn der Finanzkrise hatten wir 2008 ein schwieriges Jahr, aber danach ist der Markt wieder sehr stark geworden", erklärt Arno Verkade, Deutschlandchef und Fachmann für zeitgenössische Kunst bei Christie's. Der schnelle Zuwachs liege an der Globalisierung und der zunehmenden Bedeutung des Internethandels. Simpel formuliert: Wenn es im Westen kracht, kann es China dennoch blendend gehen.
Neureiche entdecken die Kunst
Im wirtschaftlich florierenden Reich der Mitte spielt zwar der Handel mit dem eigenen chinesischen Porzellan eine große Rolle. Aber hier wie in vielen Regionen der Welt entwickelt man Interesse an der Kunst anderer Kulturen. Das Emirat Katar ist für Verkade ein gutes Beispiel: "Dort sind drei Museen eröffnet worden - eines davon nur für westliche Kunst." Auch in Russland, Indien und Brasilien entwickeln sich neue Käuferschichten.
Die Gründe sind vielfältig. Zum einen ist das Investieren in große Kunst eine sichere Sache: Ein Picasso oder van Gogh wird wohl nie an Wert verlieren. Zum anderen geht es aber um Emotionen. Gerade bei den sogenannten Nouveaux Riches ist das Interesse an internationaler Kunst Teil des Lifestyles. Und: "Kunst ist und bleibt ein Vehikel, um den eigenen Status in der Gesellschaft zu demonstrieren", sagt Dr. Thilo Winterberg, Präsident des Bundesverbands Deutscher Kunstversteigerer und Chef des Kunstantiquariats Winterberg in Heidelberg.
Der Markt wird sprunghafter
Mit allgemeinen Aussagen zum internationalen Marktgeschehen und der Lust an den Rekorden hat er Probleme: "Diese millionenschweren Verkäufe sind nur die Spitze eines riesigen Eisberges. Die Kunstwelt ist ungeheuer groß und vielfältig." Seiner Ansicht nach kann man neben der Globalisierung nur eine weitere allgemeingültige Veränderung im weltweiten Kunsthandel festhalten: Das Tempo zieht an. "Der Markt ist heute sprunghafter und stärker von Einzelereignissen beeinflusst. Warhol hat einen Platz in der Kunstgeschichte, aber eine Weile war er gar nicht mehr so gefragt. Erst als Teile der Sammlung Gunter Sachs' verkauft wurden, war die gesamte amerikanische Pop Art plötzlich wieder in."
Im vergangenen Jahr kam eine Version von Edvard Munchs "Der Schrei" bei Sotheby's für 120 Millionen Dollar unter den Hammer. Damit führt ein expressionistisches Meisterwerk die Liste der teuersten versteigerten Gemälde an. Bei Privatverkäufen werden teils noch deutlich höhere Preise erzielt. Rekordsummen stecken vor allem in der Kunst nach 1945. Wer das nötige Geld hat, investiert neben der New York School mit Jackson Pollock, Mark Rothko und Willem de Kooning besonders in deutsche Werke, etwa von Gerhard Richter, Georg Baselitz oder Andreas Gursky. Gerade bei jüngeren Käufern sieht Verkade große Begeisterung für zeitgenössische Kunst. Woran das liegt, weiß er nicht: "In der Kunst ging es schon immer auch um individuelle Empfindungen", sagt er. "Ein gutes Gemälde ist eben mehr als vier Latten mit Leinwand dazwischen."
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