ost-west-contact.de, 04. September 2010
Die Konjunktur meldet sich zurück
Wirtschaft erholt sich vergleichsweise rasch / Neue Regierung hat sich viel vorgenomme
Im letzten Jahr musste die slowakische Wirtschaft einen deutlichen BIP-Rückgang in Kauf nehmen. Das Minus war hauptsächlich dem Produktionseinbruch in der Kfz-Industrie, im Maschinenbau und in der Elektroindustrie geschuldet. Diese Sektoren stehen für gut die Hälfte der Gesamtexporte der Slowakei. Für dieses Jahr wird jedoch bereits wieder mit einer deutlichen Erholung gerechnet.
Die relativ schnelle Erholung der slowakischen Konjunktur resultiert vor allem aus der wirtschaftlichen Stabilisierung der Haupthandelspartner und der damit anziehenden Nachfrage nach slowakischen Waren. Der Bankensektor ist aufgrund seiner geringen internationalen Integration in das weltweite Bankengeschäft nur marginal von der Finanzkrise betroffen gewesen. Der Finanzsektor dürfte somit in der Lage sein, die nun anstehende Konjunkturbelebung mit einer verstärkten Kreditvergabe zu unterstützen.
Das Land hat mit seiner nach wie vor günstigen Kostenstruktur für Gewerbeansiedlungen, dem einfachen Steuersystem mit niedrigen Sätzen sowie dem Anfang 2009 eingeführten Euro einige Trümpfe in der Hand,die für ausländische Investoren bei der Standortwahl von hohem Gewicht sein dürften.
Exporte und Investitionen steigen
Ausgehend von einer Belebung der Exporte, den angekündigten Ausbauprojekten ausländischer Unternehmen im Automobilbau und der Elektroindustrie sowie den Aktivitäten im Strassenbau und in der Stromwirtschaft kann für dieses Jahr mit einem BIP-Zuwachs von 3,5 Prozent gerechnet werden. Nach Angaben der Strategieabteilung im Wirtschaftsministerium werden 2010 im Vergleich zu 2009 wieder mehr ausländische Investoren ins Land kommen oder ihre bestehenden Aktivitäten ausbauen. Erwartet wird ein Kapitalzufluss von rund 500 Millionen Euro. Insgesamt verbuchte die Agentur für Investitions- und Handelsförderung (SARIO) 2009 lediglich acht neue Projekte mit einem Investitionsvolumen von 244 Millionen Euro.
Generell gehen die Wirtschaftsprognosen davon aus, dass die slowakische Volkswirtschaft nach dem Anspringen des weltweiten Konjunkturmotors einen vergleichsweise raschen Aufschwung erleben wird. Hinsichtlich der weiteren Entwicklung am Arbeitsmarkt ist jedoch Skepsis angesagt. Trotz der besser laufenden Wirtschaft sucht der Arbeitsmarkt noch nach der Talsohle. Die Arbeitslosenquote im Mai war mit 14,8 Prozent die zweithöchste unter den OECD-Ländern. Eine höhere Arbeitslosigkeit wurde nur in Spanien (19,9 Prozent) registriert. Für das Gesamtjahr 2010 ist mit einer durchschnittlichen Erwerbslosenquote in Höhe von 13,9 Prozent zu rechnen. Die Lage am Arbeitsmarkt wird sich nur allmählich und in einzelnen Sektoren entspannen. Aus diesem Grund bleiben die privaten Verbraucher skeptisch und haltenihr Geld zusammen. Dies lässt sich u. a. an der gestiegenen Sparquote ablesen: 2008 noch bei neun Prozent, lag diese 2009 bei rund zwölf Prozent.
Grundlegende Probleme warten
Aus den Parlamentswahlen im Juni ist eine Mitte-Rechts-Regierung unter der Führung der Demokratischen Union (SDKU-DS) als Sieger hervorgegangen. Mit in der Regierung sitzen die liberal-demokratische SaS, die christdemokratische KDH sowie die Partei der ungarischen Minderheit Most-Hid, insgesamt verfügt die Koalition im neuen Parlament über 79 der 150 Mandate. In vier Jahren werde die Slowakei mehr Arbeitsplätze, weniger Korruption und die gleiche Steuerbelastung wie heute haben – mit diesem Versprechen stellte die neue Regierungschefin Radi?ová ihr Programm vor. Die neue Regierung muss eine Reihewichtiger Probleme anpacken. Hierzu gehören die Sanierung der Staatsfinanzen sowie die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Das Finanzministerium bereitet für 2011 ein Sparpaket in Höhe von 1,66 Milliarden Euro vor, was rund 2,5 Prozent des BIP entspricht. Es ist nicht auszuschliessen, dass sich die Regierung dazu entscheidet, die Privatisierung einiger Staatsunternehmen, wie der slowakischen Eisenbahn oder des Flughafens Bratislava, voranzutreiben.
Quelle: UniCredit Group, gtai
DSIHK plädiert für mehr Flexibilität
Die deutschen Investoren in der Slowakei begrüssen die Pläne der neuen Regierung, das Arbeitsrecht zu novellieren. Damit dies auch zu mehr Beschäftigung am Arbeitsmarkt führt, brauchen die Unternehmen einen Rechtsrahmen, der die Flexibilität erhöht. Dies könnte die Unternehmen dazu ermutigen, mehr Personal einzustellen. Die Deutsch-Slowakische Industrie- und Handelskammer (DSIHK) hat hierfür einen Sechs-Punkte-Plan ausgearbeitet. Kernstück des Plans ist die Flexibilisierung der Arbeitszeiten über ein Zeitkonto. Arbeitgeber müssten damit nur die tatsächlich geleistete Arbeitszeit vergüten, was zu einer Entlastung bei den Arbeitskosten und zu mehr finanziellem Spielraum bei Investitionen führen würde. Arbeitnehmer würden von der daraus resultierenden Beschäftigungssicherheit profitieren. Die DSIHK spricht sich ausserdem dafür aus, das Gesetz zur Ausweitung von Kollektivverträgen auf alle Unternehmen einer Branche wieder zurückzunehmen. Die restriktive Kündigungsregelung hemmt den Beschäftigungsaufbau. Neueinstellungen werden erst getätigt, wenn mit Überstunden alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind.
Quelle: DSIHK