Die Presse, Print-Ausgabe, 16.07.2010
Slowakei stimmt Euro-Schutzschirm zu
Bratislava sagt „Ja, aber“ zu Euro-Schutzschirm, bleibt aber beim Nein zu Griechenland-Anleihen. Damit der slowakische Regierungsbeschluss gültig wird, muss auch noch das Parlament zustimmen.
Bratislava. Nach einem kurzen Aufschub ist die Katze doch aus dem Sack: In einer kurzfristig einberufenen ausserordentlichen Kabinettssitzung am Donnerstag hat die slowakische Mitte-rechts-Regierung „mit Vorbehalt“ dem Stabilisierungsfonds für finanzschwache Euromitglieder („Euro-Schutzschirm“) zugestimmt. Einer Teilnahme an den EU-Hilfsmassnahmen für Griechenland erteilte der Ministerrat unter Führung der neuen Premierministerin, Iveta Radicova, aber eine klare Absage.
Das Notpaket für Griechenland funktioniert auch ohne die Slowaken. Die beiden stärksten der vier neuen Regierungsparteien hatten sich im Wahlkampf so heftig gegen die Unterstützung der „armen Slowakei für das viel reichere Griechenland“ ausgesprochen, dass sie jetzt nicht mehr ohne Gesichtsverlust aus dieser selbst gestellten Populismusfalle herausgekommen wären. Beim präventiven Garantiemechanismus für eventuell später in Finanznöte geratende Mitgliedstaaten, der nicht ohne die Unterschrift aller Euroländer gestartet werden kann, brüstet sich die slowakische Regierung damit, zumindest symbolisch „Bedingungen“ zu stellen. Vor allem hebt Bratislava hervor, dass jede tatsächliche Aktivierung des Garantiefonds zugunsten eines in Schwierigkeiten geratenen Eurolandes von Neuem die Zustimmung jedes einzelnen Eurolandes brauche – eine Art Vetorecht für jeden konkreten Einzelfall also.
„Anteil der Slowakei überhöht“
Dank dieser ausdrücklich im Regierungsbeschluss niedergeschriebenen Bedingung kann daher das Brüsseler Frohlocken „Die EU-Kommission begrüsst den Kurswechsel der Slowakei“ in Bratislava ganz anders übersetzt werden: „Wir haben nicht nachgegeben“, verkündete Iveta Radicova nach dem Ministerratsbeschluss.
Dass ihr tatsächlicher Verhandlungsspielraum gegenüber Brüssel tatsächlich nahe null gewesen war, hatte sie aber schon zuvor bestätigt: Zwar bleibe ihre „persönliche Meinung“ zum Euro-Schutzschirm weiterhin ablehnend, aber „ich erbe eine Entscheidung, die die Vorgängerregierung schon gefällt hat“.
Ihr Finanzminister, Ivan Miklos, schoss neuerlich scharf gegen seinen sozialdemokratischen Vorgänger, Jan Pociatek: „Herr Pociatek hatte entweder keinen Taschenrechner mit oder er hat geschlafen, als er die Höhe der slowakischen Beteiligung an Griechenland-Anleihen und Euro-Schutzschirm akzeptierte.“
Denn gemessen an der Wirtschaftskraft sei der Anteil der Slowakei als ärmstes Mitglied der Eurozone im Vergleich zu den anderen Ländern weit überhöht. Damit der slowakische Regierungsbeschluss vom Donnerstag gültig wird, muss auch noch das Parlament zustimmen. Nach dem Einlenken der Regierung ist dort zwar mit einer ungefährdeten Mehrheit für den EU-Rettungsschirm zu rechnen. Offen ist hingegen, wie sich das Parlament zu den Griechenland-Anleihen stellen wird.