WirtschaftsBlatt, 16. Juni 2010
Neue Regierung in Bratislava plant keine SteuererhöhungenDie neue slowakische Regierung muss als erstes einen Kassensturz durchführen, fordert der Ökonom Ivan Mikloš im Gespräch mit dem WirtschaftsBlatt. WirtschaftsBlatt: Wie beurteilen Sie den aktuellen Zustand der slowakischen Wirtschaft?Ivan Mikloš: Ihr Zustand ist nicht nur die Folge der Krise, wie die Regierung uns einzureden versucht. Er resultiert aus der unverantwortlichen und inkompetenten Politik, die das Kabinett Robert Ficos gemacht hat. Riesige Korruption, Verschlechterung der unternehmerischen Umgebung und das Anwachsen der Staatsverschuldung schaffen keine guten Bedingungen für unsere Wettbewerbsfähigkeit und für ein nachhaltiges Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum. Die Arbeitslosigkeit ist dreimal schneller gewachsen als im EU-Durchschnitt. Können Sie im Bezug auf die Politik der Vorgängerregierung noch konkreter werden? Nicht einmal in den 90ern unter Vladimír Meciar ist die Korruption in solche Höhen gestiegen wie während der Amtszeit Ficos. Der Klientelismus der Regierung und der Regierungsbeamten stieg zum Beispiel nach der Bewertung des Weltwirtschaftsforums so hoch, dass wir den 127. Platz unter 133 Ländern besetzten. Welche Bereiche sind von der Korruption betroffen? Das Hauptproblem ist nicht der mangelnde Kampf der Regierung gegen die Korruption, sondern dass sie der grösste Korruptionsgenerator ist. Meist ist es so, dass der Staat bei öffentlichen Ausschreibungen zu teuer ankauft, oder zu billig verkauft. Wir haben auf unserer Internet-Seite www.ukradli.sk (Anm.: sie haben gestohlen) nachgewiesen, dass der Staat in 45 grossen Korruptionsfällen, die mit öffentlichen Ausschreibungen verbunden sind, drei Milliarden Euro verloren hat. Ein konkretes Beispiel dafür ist die Autobahnmaut. Welche Ministerien soll Ihre Partei, die SDKÚ, in der nächsten Regierung übernehmen? Ich werde diese Frage nicht beantworten, weil man diese nicht über die Medien beantworten darf. Ich halte es übrigens für einen grossen Fehler, dass die SaS unter Richard Sulik, schon Posten über die Medien verteilt. Korrekt wäre eine Verteilung am Verhandlungstisch. Was muss die neue Regierung nun als erstes erledigen? Zunächst werden wir eine Inventur machen müssen. Die Regierung Robert Ficos veröffentlicht nämlich das alles nicht, was sie vom Gesetz her eigentlich offen legen müsste. Weder die Budget grundlagen, noch die Steuerprognose, noch die Staatsabschlussrechnung. Beabsichtigen Sie eine Steuererhöhung? Nein. Im unserem Programm haben wir uns verpflichtet, die öffentlichen Finan zen zu sanieren ohne die Steuer- und Abgabelasten zu vergrössern. Zweitens wollen wir die Rahmenbedingungen für Unternehmer verbessern, also die Rechtssicherheit verbessern, den Arbeitsmarkt flexibilisieren und die Korruption bekämpfen. Dazu braucht man aber Geld. Ja, aber ich rede über die Prioritäten für die nächsten vier Jahre. Wir wollen die öffentlichen Finanzen nicht nur durch Ausgabensenkung, sondern auch durch Einnahmensteigerung sanieren. Einen ähnlichen Weg sind wir schon 1998 bis 2006 gegangen, als wir in sehr schwerer Lage waren, viel schwerer als heute. Die Slowakei ist seit eineinhalb Jahren Mitglied der Euro-Zone. Ein richtiger Schritt? Es war ein richtiger Schritt. Nicht richtig war jedoch die Zustimmung der Europäischen Union zum Kredit für Griechenland, weil das die Euro-Zone bedroht. |