solidbau.at, 14. Dezember 2009
Crash ohne Tiefbau
Die wirtschaftliche Performance der Slowakei war in den letzten Jahren beeindruckend. Zwischen 2005 und 2007 wuchs das BIP um nahezu 30 Prozent. Damit ist es zunächst vorbei. Die Slowakei sackt dramatisch ab. Die Hochbauproduktion schrumpft 2009 real um voraussichtlich mehr als minus zehn Prozent. Und auch für 2010 sind die Aussichten nicht besser.
Für 2009 geht Eurostat für die Slowakei von einem schrumpfenden Bruttoinlandsprodukt im Ausmass von real minus 2,6 Prozent gegenüber 2008 aus. Das Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) ist da weitaus pessimistischer und rechnet mit minus 5 Prozent.
Anders als etwa in Polen kommt das Wirtschafts- wachstum in der Slowakei weniger aus dem privaten Konsum, denn aus einem boomenden Export. Dies hat bei einem schrumpfenden Welthandel schlimme Folgen. Auch die starke Ausrichtung auf den Automobilbereich drückt aufs Wirtschaftswachstum. Positive Effekte hat für die Slowakei hingegen die Einführung des Euros. Im Gegensatz zum Nachbarn Ungarn kann die Inflation vergleichsweise gering gehalten werden, wodurch der Inlandskonsum nicht weiter unter Mitleidenschaft gezogen wird.
Achterbahnfahrt der Baustarts
Die Baubeginne fahren in der Slowakei Hochschaubahn. Nach einem Plus von 13,5% von 2007 auf 2008 geht es 2009 wieder um rund 16 Prozent nach unten. Eine ganze Latte von bewilligten Wohnbauprojekten wird als Folge der Immobilien- und Finanzkrise erst gar nicht begonnen. Zu gross ist Unsicherheit hinsichtlich der Nachfrage bei den Investoren. Denn wie auch in den anderen CEE-Ländern, ist der Bedarf an Wohnraum gross und konnte trotz steigender Produktion bislang nicht zur Gänze bedient werden.
Die Folge waren steigende Preise. Nach Zahlen der Slowakischen Nationalbank wuchsen die Hauspreise zwischen 2006 und 2007 um durchschnittlich 32,5%. Zum einen, weil sich der Ausstattungsstandard der Wohnungen rasch westlichen Verhältnissen angleicht, zum anderen sind es reale Preissteigerungen aufgrund stark steigender Grundstückskosten. Im Durchschnitt liegt der Verkaufspreis im städtischen Wohnbau bereits bei rund 1.500,- Euro pro Quadratmeter, Spitzenpreise bewegen sich bei bis zu 4.500,- Euro. Die Wirtschaftskrise führt hier möglicherweise zu einer Zäsur. Als Folge rutscht die Wohnbauproduktion 2009 gewaltig ins Minus. KREUTZER FISCHER & PARTNER | Marktanalyse (KFP) rechnet mit mehr als minus 20% gegenüber dem Vorjahr. Die Verunsicherung der privaten Haushalte zeigt sich bei Wohnbau-Renovierung. Das traditionell geringe Volumen sinkt nochmals um voraussichtlich ein Viertel. Krisenfester Tiefbau
Stark trifft es im Krisenjahr auch den Nicht-Wohnbau. Nachdem der Neubau 2008 noch um real +21% gegenüber 2007 gewachsen ist, bricht im Jahr 2009 die Nachfrage um voraussichtlich mehr als -10% ein. Die Immobilienkrise ist in der Slowakei angekommen. Davon betroffen sind insbesondere der Grossraum Bratislava und die Sparten Büro- und Verwaltungsbau. In den anderen slowakischen Regionen trifft es hingegen eher den Industrie- und Geschäftsbau, wenngleich in abgeschwächter Form. Denn allen politischen Beteuerungen zum Trotz, konzentriert sich die wirtschaftliche Agenda nach wie vor stark auf die Hauptstadt. Der Osten um die Städte Kosice und Presov kann sich noch nicht als Gegenpol etablieren.
Keine Krisenstimmung herrscht hingegen im Tiefbau. Nach einem schwachen Jahr 2008 erwartet Kreutzer für 2009 wieder einen signifikanten Anstieg der realen Bauproduktion auf knapp 1,6 Milliarden Euro (+4,1% gegenüber 2008). Verantwortlich dafür ist der Beginn der Arbeiten an wichtigen Infrastrukturprojekten, allen voran Schnellstrassen und den Autobahnprojekten R1 und D1. Insgesamt dürfte die Slowakische Bauproduktion nach aktuellen Zahlen 2009 real um rund 9 Prozent schrumpfen. Doch Licht am Ende des Tunnels ist bereits deutlich zu sehen.
Kurzer Einbruch
Auch in der Slowakei ist der Einbruch im Bauwesen nur von kurzer Dauer. Für 2010 erwartet KFP bereits wieder ein reales Wachstum von mehr als vier Prozent. Verantwortlich dafür ist aber ausschliesslich der Tiefbau mit einem Sprung von mehr als +40% geg. VJ auf dann 2,3 Milliarden Euro. Der Hochbau bleibt hingegen auch 2010 noch schwach. Die Prognose geht von einem Rückgang der Nachfrage von über elf Prozent aus. Im Wohnbau rechnet man mit rund -4% gegenüber dem Vorjahr, im Nicht-Wohnbau mit sogar -15%. Denn 2009 wird noch von Fertigstellungen aus begonnenen Bauprojekten gestützt. Die schwache Auftragslage 2009 schlägt somit erst im kommenden Jahr voll durch.
Auch die Baupreise bleiben in der Slowakei hoch, trotz einer deutlich geringen Inflation. Die Entkoppelung der Baupreise vom Verbraucherpreisindex zeichnet wie beim Nachbarn Tschechien das Bild eines eingeschränkten Wettbewerbs, wenngleich man in der Slowakei die in der Tat stark steigenden Arbeitskosten als Argument anführen kann.