Wiener Zeitung, 24.03.2008
Eine ganz neue Down-Town am Fluss auf Hochtouren
Von Helmut Ditel
Die slowakische Hauptstadt rückt mit zahlreichen Groöprojekten ihr ganzes
Zentrum näher an die Donaul;rfte die Slowakei als erstes ehemaliges Comecon-Land
der Eurozone beitreten. Die Firmen haben nur noch wenig Zeit für die nötigen
Vorbereitungen
Bauboom nimmt noch zu, die Preise steigen weiter.
Wohnen an der "Waterfront" – um fast jeden Preis.
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Bratislava. Oberbürgermeister Andrej Durkowsky wunderte
sich ein wenig, als vor Ostern die ersten Wohnungen im Eurovea-Komplex
zum Kauf angeboten wurden: "Ich hätte nicht erwartet,
dass die Preise so hoch sein würden. Und ich hätte
zweitens nicht erwartet, dass diese Preise auch gezahlt würden".
Ab 4000 Euro pro Quadratmeter kosten Wohnungen im "Neuen
Zentrum" Pressburgs, gleich flussabwärts von Altstadt
und Neuem Nationaltheater, direkt an der Donau – so
viel wie in den besten Lagen der tschechischen Hauptstadt
Prag.
Das 300-Millionen-Euro-Projekt mit Wohnungen, Büros
und Shopping-Mall, finanziert von der irischen Ballymore-Gruppe
und gebaut von den slowakischen Töchtern der beiden österreichischen
Bauriesen Strabag und Porr, ist aber nur eines von vielen
aktuellen Bauvorhaben in der slowakischen Hauptstadt. Ziel:
Das Zentrum soll erweitert, die ganze "Down Town"
näher ans lange vernachlässigte Donauufer rücken.
Im "River Park", einem 180-Millionen-Euro-Projekt
der privaten slowakisch-tschechischen J&T-Gruppe etwa,
ein Stückchen flussaufwärts der Burg, entstehen
neben Büros, Geschäften und einem 5-Stern-Hotel
der Kempin �ski-Gruppe ebenfalls 300 Luxuswohnungen ganz nahe
am Donauufer – einer der Apartmentblocks ragt sogar
zwölf Meter über das Wasser.
Durkowsky und sein städtischer Chef-Planungsarchitekt
Stefan Slachta haben 2007 im "10. Stadtentwicklungsplan"
fast dreieinhalbtausend Hektar "Neue "Entwicklungszonen"
definiert – die meisten mit dem Schwerpunkt, die "kleine
Grossstadt" Pressburg näher an die heiss
begehrte "Waterfront" zu bringen. Zwischen der "Alten
Brücke" am östlichen Ende der Altstadt und
der Apollobrücke entsteht auch die "Panorama-City"
mit zwei Hochhaustürmen, die dann die höchsten Gebäude
der Slowakei sein werden – "und auch der tschechischen
Republik", so der Sprecher der erst 1994 gegründeten
und mittlerweile über ein Immobilienportfolio im Wert
von 2,8 Milliarden Euro verfügenden J&T-Investmentgruppe
nicht ohne Stolz.
"Natürlich ist es positiv, einen solchen Bauboom
zu haben, viele westeuropäische Städte beneiden
uns", meint Oberbürgermeister Durkowsky. Seine Stadt
– samt Umland mit rund 600.000 Einwohnern – ist
der Hauptträger des slowakischen Wirtschaftswachstums.
Und das hat zuletzt mit einem BIP-Plus von mehr als 10 Prozent
im vierten Quartal 2007 "chinesische Dimensionen"
angenommen und alle anderen EU-Länder, auch die baltischen
Tiger, in den Schatten gestellt.
Sorge um die Preise
Und es ist vorerst kein Ende in Sicht: Bei der internationalen
Immobilienmesse Mipim in Cannes vor ein paar Wochen habe man
wieder registrieren können, wie positiv man im Focus
der internationalen Developer stehe. "Aber es gibt natürlich
auch Nachteile: Die Preise steigen weiterhin sehr stark, vor
allem bei den Wohnungen". Das führt dazu, das grosse
Nachfrage auch an Projekten im ehemals als "Betonwüste"
verschrieenen 5. Bezirk Petrzalka herrsche. Dort will man
nun ebenfalls forciert – zunächst in Donaunähe
und im Süden "mit dem Gesicht zu Österreich
hin" neue Siedlungsprojekte mit Grünflächen
und guter Anbindung an den öffentlichen Verkehr entwickeln.
Problem dabei: Seit die Region so reich ist, kommt sie nicht
mehr so leicht an EU-Förderungen.
Dass – weitgehend kreditfinanziert, wie der Immobilienmarkt
ist – eine Blase entstehen könnte, die dann womöglich
platzt – wie etwa derzeit in Teilen des Baltikums –,
befürchten die Slowaken eher nicht: "Das sind keine
Spekulationen, dahinter steht echter Bedarf".
Dass der Beitritt der Slowakei zur Eurozone – aller
Voraussicht nach noch am 1. Jänner 2009 – noch
einmal einen Preisschub auslösen wird, wie ihn viele
befürchten, glaubt Durkowsky eher nicht: "Im ersten
Jahr werden die Regelungen Preiserhöhungen eher verhindern;.
Später allerdings, wer weiss, wie der Boom sich
entwickelt. "Irgendwann werden die Preise auch wieder
sinken. Bei den Büromieten, die zuletzt schon oft teurer
waren als in Wien, bemerken wir schon eine Entspannung".
Eines haben die hohen Preise in Pressburg schon bewirkt:
Viele junge Familien erfüllen sich ihren Traum vom Haus
im Grünen mit Blick auf die Burg jenseits der jetzt offenen
Grenze, in österreichischen Gemeinden wie Wolfsthal,
Kittsee oder Berg. Die ersten innerstädtischen Autobuslinien
Pressburgs werden bald verlängert.
Montag, 24. März 2008