Die Presse, 1. August.2007
Bauboom lässt Material knapp werden
Von CHRISTOPH THANEI (Die Presse)
In der Slowakei wurde im Winter kräftig gebaut. Jetzt sind die Lager leer.
PRESSBURG. In der Slowakei wird gebaut wie nie zuvor. Die in den vergangenen Jahren angelockten ausländischen Investoren sind mitten in der Aufbauphase neuer Fabriken oder erweitern bestehende. Das lässt nicht nur die Nachfrage nach Arbeitskräften und den Bedarf an Infrastruktur von Autobahnen bis Logistikzentren steigen. Das höhere Einkommen ermöglicht immer mehr Slowaken den Erwerb grosszügiger Neubauwohnungen oder den Bau eines eigenen Hauses im Grünen.
Die sinkende Arbeitslosigkeit hebt die Bereitschaft, trotz steigender Zinsen Kredite aufzunehmen. Dass die Immobilien-Nachfrage die Preise im Grossraum Pressburg in schwindelnde Höhen klettern liess, hat mehr als jedes Regionalförderungsprogramm dafür gesorgt, dass Callcenter, Rechenzentren und andere Dienstleister ihre Standorte ins Landesinnere verlegen. Das macht die Errichtung von Einkaufszentren und Hypermarkets auch in den bisher noch weniger erschlossenen Regionalhauptstädten und kleineren Industriezentren lohnend.
Winterpause fiel aus
So erlebt die slowakische Bauproduktion Jahr für Jahr neue Rekord-Steigerungen: Laut der slowakischen Wirtschaftszeitung „Trend“ wuchs die Bauproduktion 2006 gegenüber dem Vorjahr um 15 Prozent auf fast 150 Mrd. Kronen (4,5 Mrd. Euro). Das Jahr 2007 könnte diese Ergebnisse nochmals in den Schatten stellen. Wegen der milden Witterung fiel die traditionelle Winterpause im Bauwesen fast völlig aus.
Der in der Slowakei noch nie gekannte Bauboom bewirkt immer sichtbarere Engpässe: Immer drückender wird der Mangel an Arbeitskräften – auch im Landesinneren. Knapp wurden auch die Grundstücke. Und seit Frühling kommt ein Mangel an den wichtigsten Baumaterialien hinzu. Der Baustoffhandel hatte nämlich in den vergangenen Jahren die Winterpause zum Auffüllen der Lager genützt. Weil aber dieses Jahr während des Winters fröhlich weiter gebaut wurde, sind bereits zu Beginn der eigentlichen Haupt-Bausaison die Lager leer. Nicht nur die Preise steigen. Viele Grossproduzenten machen ihre Abnehmer darauf aufmerksam, dass sich manche Materialbestellungen heuer gar nicht erfüllen liessen.