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Zukunft auf Slowakisch: In Bratislava entsteht ein Hightech-Park
Eine private Investorengruppe arbeitet an der Errichtung eines Hightech-Parks in Bratislava. Dort sollen ab 2008 Universitäsinstitute, überbetriebliche Lehrwerkstätten sowie forschende und produzierende Unternehmen Tür an Tür arbeiten.
„Es ist eines der wichtigsten Projekte für unsere Stadtentwicklung.“ Die Vizebürgermeisterin von Bratislava, Tatiana Mikusová, sieht den geplanten Park als „massgeschneidert für unsere Stadt: Wir arbeiten eng mit den Investoren zusammen, um das Projekt so schnell wie möglich umzusetzen.“
Das Projekt nennt sich CEPIT, Central European Park for Innovative Technologies, und ist laut Axel Albrecht, Investor und Geschäftsführer, „der erste hybride Technologiepark“. Mit „hybrid“ meint er eine Kombination aus wissenschaftlichen Instituten, angewandten Bildungseinheiten und Unternehmen, die sowohl forschen als auch produzieren. „Der Mix ist das Besondere. Ausserdem soll es ein Messe- und Konferenzzentrum geben, ein Hotel, Wohnungen und Büros“, so Albrecht.
Nähe zu den Unis
„Ich bin sehr optimistisch“, kommentiert der österreichische Universitätsprofessor Helmut Detter, der als wissenschaftlicher Berater fungiert und seit 25 Jahren mit der Errichtung von Technologieparks zu tun hat - im Ruhrgebiet, in der Schweiz und in Österreich. „Bratislava hat einige Vorteile: So sind etwa die wissenschaftlichen Leistungen der Akademie der Wissenschaften seit Jahrzehnten hervorragend.“ Laut Detter stellen einige Institute für Grundlagenforschung den ersten grossen Baustein für den neuen Technopark dar. Die Nähe zu den Universitäten spiele auch bei mehreren österreichischen Erfolgsgeschichten eine entscheidende Rolle: So etwa in Graz, wo der Leitbetrieb des dortigen Auto-Clusters Magna Steyr bewusst die Nähe zur Technischen Universität gesucht habe. Ähnlich arbeite in Oberösterreich der Flugzeug-Zulieferer FACC eng mit der Uni Linz und mehreren Fachhochschulen zusammen.
„In den nächsten Wochen werden wir die Forschungs- und Technologie-schwerpunkte festsetzen“, so Detter. Kernstücke sollten jedenfalls einzelne Institute der Technischen Universität und der Akademie der Wissenschaften sein. Inhaltlich dürfte sich die Forschung auf jene Technologien konzentrieren, die die dominierende Industrie der Slowakei, Automobilerzeugung und die Fertigung von Komponenten, benötigt. „Das wird der Schwerpunkt sein“, bestätigt der wissenschaftliche Berater. „Dabei geht es um Mechatronik, um Sensortechnik, um Aktuatoren, um elektronische Adaptionen und nicht zuletzt auch um Werkstoffe bis hin zur Nano-Technik.“
Was die physische Infrastruktur von CEPIT betrifft, so haben die Investoren - eine Gruppe aus Deutschen, Österreichern und Slowaken - bereits grosse Flächen innerhalb des Stadtgebiets von Bratislava gekauft - immerhin 34 Hektar. Das Areal liegt im Nordosten der Stadt, unweit der Autobahn Richtung Trnava und Zilina, wo die neuen grossen Autowerke stehen. Und auch zum Flughafen sind es nur wenige Kilometer. Im Verlauf des Jahres 2007 soll Baubeginn sein, die ersten Gebäude könnten im Jahr 2008 bezogen werden.
Gemeinsame Ausbildung
Noch geben sich die öffentlichen Stellen wohlwollend, stellen aber keine eigene finanzielle Beteiligung in den Raum. Es handelt sich also nicht um ein PPP-Modell, bei dem Private und der Staat gemeinsam eine Infrastruktur-Aufgabe bewältigen. Dennoch will Geschäftsführer Albrecht die öffentlichen Hände mit ins Boot bekommen - die Uni-Institute als Mieter, im Rahmen einer in den Planungen bereits weit gediehenen überbetrieblichen Ausbildungseinrichtung für die Automobilindustrie sogar noch etwas näher.
Albrecht: „Das ist ein Modell, das einige Autokonzerne - unter ihnen Volkswagen - in Portugal erfolgreich ausprobiert haben, nämlich gemeinsam Lehrlinge auszubilden.“ Im Grossraum Bratislava ist seit dem Boom der Automobilbranche schon längst Arbeitskräfteknappheit festzustellen, gegenseitiges Abwerben von Schlüsselkräften mache bereits allen zu schaffen. Also wollen mehrere Konzerne gemeinsam neue Lehrwerkstätten betreiben - und auch das staatliche Bildungswesen solle mitmachen. Albrecht: „Das wird bei uns stattfinden.“ Auch eine Fachhochschule könnte in einem späteren Stadium angesiedelt werden, noch arbeite man im Ministerium an einem Fachhochschulgesetz.
Anreize zur Rückkehr
Und Produktion? Über ansiedlungswillige Unternehmen will Albrecht noch nichts sagen, es gebe grosses Interesse, allerdings sei die Förderfrage noch nicht endgültig geklärt: „Bratislava wird sich entscheiden müssen, ob die Stadt ein Standort für Call Centers sein will, oder von Welt-Unternehmen, die hier auch produzieren.“
Hoffnung auf ein Hightech-Feuerwerk
Vizebürgermeisterin Mikusova scheint nicht allzu weit von seinen Vorstellungen entfernt zu sein: „Was diese Frage betrifft, so gibt es von unserer Seite ein klares Ja - wenn es um Produktionen geht, die als Anwendungen aus der dortigen Forschung hervorgehen.“ Fertigung, die mit den Inhalten des Technoparks nichts zu tun haben, werde keine Förderungen erhalten, so die Politikerin. Mikusova: „Industrieparks haben wir schon mehrere, einen Technologiepark noch nicht.“
Während Investoren und Politiker noch um Modalitäten ringen, gibt sich der wissenschaftliche Berater zukunftssicher: „Das ist ein Traumprogramm. Ich bin überzeugt“, so Professor Detter, „dass es, sobald wir die Forschungsschwerpunkte festgelegt haben, eine Reihe von Industrieunternehmen gibt, die mitmachen wollen.“ „Hightech geht dort hin, wo sie qualifizierte Leute kriegt“, weiss Detter. „Und wenn wir nur ein paar Prozent der slowakischen Spezialisten im Ausland bewegen können, zurückzukommen, dann gibt es ein Feuerwerk.“
Reinhard Engel