www.noen.at, 2. August 2010
Bratislava und Trnava sind eine Reise wert
VON MARTIN KALCHHAUSER
Zwillinge sind einander immer sehr nahe. Haben Sie aber gewusst, dass die so genannten „Twin-Citys“ Wien und Bratislava (das frühere Preßburg, heute die Hauptstadt der Slowakei) mit einem Abstand von nur 57 Kilometern die am nähesten zueinander liegenden Hauptstädte der Welt sind? Es liegt daher im wahrsten Sinne des Wortes nichts näher als ein Besuch in der nicht nur durch Straße und Bahn, sondern auch durch die Donau verbundenen Städte.
Twin City Liner bietet eine genussvolle Anreise
Ein beliebtes Verkehrsmittel für die Strecke Wien-Preßburg ist das Schiff – genauer: der schnittige Twin City Liner. Der Schnellkatamaran in Leichtbauweise (Aluminium) bringt seine Fahrgäste mit einer Reisegeschwindigkeit von rund 60 Kilometern pro Stunde in 75 Minuten von der Anlegestelle Schwedenplatz (Donaukanal) im Zentrum Wiens nach Bratislava. Und auch dort ist die Altstadt von der Schiffstation bequem in wenigen Minuten zu Fuß erreichbar.
Bis zum 13. September ist das komfortable Schnellboot täglich fünfmal in beide Richtungen unterwegs. Tipp: Am größten ist der Andrang bei den Vormittags-Trips nach Bratislava und abends donauaufwärts. Wer nicht an einem Tag hin und zurück muss, kann nicht nur billiger reisen, er kann auch das Angebot der slowakischen Hauptstadt besser auskosten. Es empfiehlt sich daher, rechtzeitig zu reservieren, oder – noch besser – einen Abend und eine Nacht in der reizvollen Zwillingsstadt zu verbringen. Umfassende Informationen zum Twin City Liner gibt es im Internet unter www.twincityliner.com.
Geschichtsträchtiges Flair und ein Krönungsspektakel
Bratislava ist jedenfalls eine Reise wert. In der Altstadt, fast direkt an der Donau gelegen und wegen ihrer Überschaubarkeit gut zu Fuß zu erkunden, fühlt man sich rasch „wie zu Hause“. In vielen Details erinnert die Atmosphäre an Wien.
Seit 1993 ist Bratislava die Hauptstadt der Slowakischen Republik. Rund 500.000 Einwohner zählt die Metropole der gut 5 Millionen Slowaken. In der 907 erstmals erwähnten Stadt, die zur Zeit Maria Theresias 1740 bis 1780 ihre Blütezeit erlebte, ist Geschichte lebendig.
So kann man durch das Michaelertor aus dem 14. Jahrhundert, das ein Waffenmuseum beherbergt, in die Gässchen der Innenstadt gelangen. Dort stößt man auch auf die Spuren eines großen Sohnes der Stadt, Johannes Andreas Segner. Der 1704 geborene Erfinder (Mathematiker, Physiker und Arzt) ist durch ein nach ihm benanntes Wasserrad, einen Vorläufer der Pelton-Turbine, bekannt geworden. Ein Hinweis auf sein Geburtshaus fehlt bei keiner der Führungen.
Eine noch wichtigere Sehenswürdigkeit der Hauptstadt ist die Krönungskirche, die dem heiligen Martin geweiht ist. 18 Krönungen von Habsburgern zu ungarischen Königen haben im 1452 errichteten Gotteshaus stattgefunden. „Am ersten Wochenende in September gibt es zur Erinnerung an diese Krönungen immer ein großes Spektakel mit einem Umzug in historischen Kostümen“, erzählt Daniel Lukac, der den ihm anvertrauten Gästen stets besondere Perspektiven seiner Stadt eröffnet. Dass Bratislava zur Zeit der Errichtung der Kirche so klein war, dass ihr Turm deshalb nur mehr außerhalb der damaligen Stadtmauer einen Platz gefunden hat, wie Fremdenführerin Blanka erzählt, darüber kann aber auch er nur schmunzeln…
|
Leider hat die moderne Zeit ebenfalls ihre Spuren in der Metropole hinterlassen. Überdeutlich sind sie an einem aus 1972 stammenden Aufbau auf eine der Donaubrücken der Stadt zu sehen. Dort thront in schwindelnder Höhe das so genannte „Ufo“, ein Restaurant in Form einer fliegenden Beton-Untertasse. Lukac entwaffnend ehrlich: „Stolze Preise, große Teller, wenig drauf!“ Wir gehen besser ins 1. Slovak Pub oder das Restaurant Koliba-Expo.
Trnava: 14 Gotteshäuser im „Rom der Slowakei“
Wer Bratislava erkundet hat, sollte sich in den Zug setzen und noch eine Stunde weiter Richtung Osten vordringen – nach Trnava, oft auch „Rom der Slowakei“ genannt. Warum Rom? Auf jeden Fall, weil es dort so viele Kirchen – zwölf katholische, eine evangelische und eine jüdische Synagoge – gibt!
Der Dom, die Nikolauskirche aus dem 14. Jahrhundert, ist noch heute der Bischofssitz. Besonders stolz ist man in Trnava auf das Christushaupt im Wappen der Stadt – das hat in ganz Europa sonst nur die spanische Wallfahrer-Metropole Santiago de Compostela. 1831 wurde hier außerdem das erste Theater der Slowakei errichtet.
„Trnava, das frühere Tyrnau, war im 13. Jahrhundert die erste freie Königsstadt der Slowakei“, erzählt Reiseführerin Kvetha Viskupicova stolz. Um hinzuzufügen: „Und später wurde auch das erste McDonald‘s Restaurant der Slowakei hier eröffnet.“ Viel später halt! Davor erbaute man noch die erste Uni des Landes (1635) hier. Heute gibt es ihrer drei. 10.000 Studenten machen die 50.000-Einwohner-Stadt zu einer sehr lebendigen. Fast schon zu lebendig wird es, wenn die Fußballmannschaft, die „Weißen Engel“, auf dem Rasen tanzen, besonders bei den Derbys gegen die Nachbarn aus Bratislava.
Trnava wird immer wieder gern als Bratislavas „Schwesterstadt“ bezeichnet – womit sie über die „Twin City“ Bratislava auch mit unserem Wien eng verwandt ist. Vielleicht ist das der Grund, warum ich mich dort auf Anhieb wohl gefühlt habe?