Archiv - Politik / Gesellschaft
NZZ am Sonntag, 11. März 2012, von Paul Flückiger, Warschau
Wahlsieg der Linkspopulisten in der Slowakei
Im Euro-Land Slowakei hat die linkspopulistische Smer-Partei die vorgezogenen Parlamentswahlen mit fast 40 Prozent der Stimmen klar gewonnen. Unklar war laut den Nachwahlbefragungen von gestern Samstagabend einzig, ob sich Smer auch die absolute Mehrheit im Parlament sichern konnte. Die bisher regierenden Liberalen büssten fast die Hälfte ihrer Sitze ein. Die zwischen Sozialdemokratie und Nationalismus pendelnde Smer-Partei des umstrittenen Ex-Regierungschefs Robert Fico konnte damit von dem grössten Korruptionsskandal nach der Unabhängigkeit von 1993 profitieren.
Im Internet veröffentlichte Abhörprotokolle des Inlandgeheimdienstes hatten Gerüchte bestätigt, wonach es sich bei den Privatisierungsgeschäften jahrelang um ein abgekartetes Spiel handelte, das sich Beamte und Minister von den Investoren teuer bezahlen liessen. Vor allem die Reformkabinette von Ministerpräsident Mikulas Dzurinda hatten laut Ergebnissen der unter dem Geheimcode «Gorilla» durchgeführten Lauschangriffe alles andere als sauber gearbeitet. Der Liberale Dzurinda führte die Slowakei nicht nur in die EU und die Nato, sondern öffnete der politischen Korruption auch Tür und Tor. Die Affäre weckte die Slowaken auf. Noch am Freitagabend gingen Hunderte von empörten Bürgern als Gorillas verkleidet auf die Strasse.
Ficos Regierung war selbst im Sommer 2010 wegen ihrer Vetternwirtschaft von der Macht vertrieben worden. Eine mit grossen Vorschusslorbeeren angetretene rechts-liberale Viererkoalition verhedderte sich allerdings bald in internen Grabenkämpfen. Die von der EU geforderte Zustimmung zum Euro-Rettungsschirm versetzte ihr im Oktober dann den Todesstoss. Die Opposition unterstützte damals den Rettungsschirm, im Tausch gegen Neuwahlen. Diese hat sie nun gewonnen.