Archiv - Politik / Gesellschaft
06.10.2010 | 18:34 | Von unserem Korrespondenten CHRISTOPH THANEI (Die Presse)
Slowakei sagt Korruption den Kampf an
Verträge mit dem Staat sind seit Kurzem für alle im Internet einsehbar. Die systematische Kontrolle von Daten sei aber nach wie vor schwierig, meinen Kritiker, denn technisch gebe es noch große Mängel.
Bratislava. Filz, Korruption und eine nur schwerfällig agierende Justiz: Das ist das auch von österreichischen und deutschen Investoren seit Jahren am meisten angeprangerte Übel des sonst hochgelobten Wirtschaftsstandorts Slowakei. Damit soll nach dem Willen der im Juli angetretenen neuen Regierung von Premierministerin Iveta Radičová endgültig Schluss sein. Eine der ersten Maßnahmen des Kabinetts war ein richtungsweisender Beschluss vom 15. Juli: Darin wurde festgelegt, dass ausnahmslos alle Geschäftsverträge der Ministerien und anderer öffentlicher Einrichtungen frei zugänglich ins Internet gestellt werden müssen.
Neben neuen Verträgen müssen auch rückwirkend alle Verträge bis zum 4. Juli 2006 offengelegt werden. Ohne Veröffentlichung im Internet dürfe ein Vertrag, in dem es um Staatsgelder geht, nicht in Kraft treten, hatte Radičová von Anfang an erklärt. Seither ist viel geschehen: Mitte September war die Zahl der auf der Internetseite www.zmluvy.gov.sk einsehbaren Verträge auf 4000 angewachsen, obwohl die vollständige Veröffentlichung aller Verträge erst mit 1. Jänner 2011 abgeschlossen sein muss.
Viele Umgehungsmöglichkeiten
Theoretisch hätten schon nach bisher geltender Gesetzeslage alle Informationen über Geschäfte mit dem Staat öffentlich zugänglich sein müssen. Aber in der Praxis war dafür ein schriftlicher Antrag zur Erteilung der gewünschten Information notwendig. Und allein schon, dass eine der an einem Geschäft mit dem Staat beteiligten Firmen eine Veröffentlichung ablehnte, galt als ausreichender Grund, den Vertrag als „nicht öffentlich“ zu kennzeichnen und geheim zu halten.
Mit dieser Umgehungsmöglichkeit seien mehrere hundert möglicherweise dubiose Verträge der öffentlichen Überprüfung entzogen worden, kritisierte die Nichtregierungsinitiative Aliancia Fair-play. Im neuen System kann jeder ohne Angabe von Gründen und völlig anonym in allen staatlichen Verträgen auch das „Kleingedruckte“ nachlesen.
Trotzdem ist die slowakische Filiale von Transparency International noch nicht restlos zufrieden: Die Veröffentlichung sei ein wichtiger Schritt, heißt es in einer Analyse, die die Organisation auf ihrer slowakischen Internetseite veröffentlichte. Aber technisch gebe es noch große Mängel: So sei die Dateneingabe in das zusammenfassende Register bei manchen Verträgen lückenhaft erfolgt.
Das erschwere etwa die systematische Suche nach Häufungen von Unterschriften. Vor allem sperre sich das System gegen eine maschinelle Verarbeitung, mit denen Kontrollinstanzen wie Medien oder eben Transparency International rasch eine systematische Auswertung erstellen könnten.