Archiv - Politik / Gesellschaft
Mitteldeutsch Zeitung, 22. Dezember 2008
«Euro-phorie» in der Slowakei
VON CHRISTOPH THANE
BRATISLAVA/DPA. Die Slowakei hat zum Jahreswechsel gleich mehrfach Grund zum Feiern: Just zum 16. Jahrestag der Staatsgründung (1.1.1993) wird das ex-kommunistische Land zum 16. Mitglied der Eurozone. Das traditionell mit den Jubiläumsfeiern der Staatsgründung verbundene Neujahrsfeuerwerk steht daher diesmal ganz im Zeichen der neuen Währung. Das Nationalbankgebäude, eines der höchsten Hochhäuser Bratislavas, wurde schon Monate zuvor mit einem riesigen Euro-Transparent umhüllt, das bis an die österreichische Grenze zu sehen ist.
In den 90er Jahren habe die Slowakei neben ihren ebenfalls exkommunistischen Nachbarländern bei allen Bemühungen um EU- Integration als «hässliches Entlein» im Abseits gestanden, erinnert sich Finanz-Staatssekretär Peter Kazimir. Nur mit Mühe habe es die Slowakei doch noch geschafft, zugleich mit den Nachbarn Polen, Tschechien und Ungarn Mitglied der EU zu werden.
Doch indem sie diese jetzt beim letzten Schritt der EU-Integration allesamt um mehrere Jahre überholt und als erstes Land des ehemaligen Ostblocks den Euro als offizielle Währung einführt, steigt die Slowakei nicht nur aus der Sicht von Kazimir vom hässlichen Entlein zur Schönheitskönigin auf. Denn dass es nach dem Euro-Beitritt der Slowakei erst einmal ein paar Jahre Pause in der Aufnahme weiterer Transformationsländer geben wird, zeichnete sich schon vor Ausbruch der internationalen Finanzkrise ab.
Für die Euro-Ambitionen der slowakischen Politiker und Wirtschaftskapitäne kam die Finanzkrise sogar sehr willkommen. Denn je näher die lange ungewisse Euro-Einführung rückte, desto größer wurde die Skepsis in weiten Teilen der Bevölkerung. Die Regierung aus einer großen sozialdemokratischen und zwei kleinen rechtspopulistischen Parteien musste alles daran setzen, die vor allem unter ihren eigenen Wählern sehr zahlreichen Zweifler davon zu überzeugen, dass der Euro in der Slowakei kein «Teuro» werden würde. Schließlich ging man sogar so weit, per Strafgesetznovelle Geld- und im Extremfall sogar Gefängnisstrafen für «ungerechtfertigte» Preiserhöhungen im Zuge der Euro-Einführung anzudrohen.
Doch gerade die internationale Finanzkrise lieferte nun laut Nationalbank-Gouverneur Ivan Sramko den endgültigen Beweis, wie vorteilhaft die beispielsweise vom tschechischen Staatspräsidenten Vaclav Klaus bei einem Staatsbesuch in Bratislava als überstürzt kritisierte Euro-Einführung für das kleine Land sei. Während nämlich die Währungen der Nachbarländer Tschechien, Ungarn und Polen gewaltig ins Trudeln kamen, blieb die slowakische Krone in den letzten Wochen auch deshalb stabil, weil es nichts mehr über ihren endgültigen Umrechnungskurs zum Euro zu spekulieren gab.
Zwei Wochen vor dem Beitritt zur Eurozone zeigten Umfragen denn auch erstmals, dass mit 58 Prozent eine Mehrheit der Bevölkerung positiv der neuen Währung gegenübersteht.
Und auch die größte Befürchtung der EU-Währungshüter in der Europäischen Kommission ebenso wie in der Europäischen Zentralbank, der Slowakei drohe nach der Euro-Einführung eine überbordende Inflation, hat sich durch die Finanzkrise relativiert. Wie in anderen EU-Ländern geht die Inflation auch in der Slowakei schon jetzt zurück.